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Kreuzberger Kneipiers laden Momper vor

■ Tiefbauamt verteilt weiter Strafbescheide für Nachtschwärmerdomizile

Kreuzberg. Der Freitagnachmittag scheint für die Kreuzberger Kneipiers zu einem jour fixe zu werden. Noch immer verteilt das Kreuzberger Tiefbauamt fleißig behördliche Schreiben, auf denen den Schankwirten im Bezirk bei Strafandrohung untersagt wird, die Bedienung von Gästen im Freien nach 22 Uhr fortzusetzen. Letztes „Opfer“ der beamteten Saubermänner war ein Gaststättenbetreiber aus der Forster Straße - gestern erhielt auch er den freundlichen Vordruck mit dem Hinweis, daß gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werde.

Auffällig, so die Kneipiers, ist der Umstand, daß in bisher keinem Fall als Auslöser der Restriktionen Beschwerden von Anwohnern ob etwaigen ruhestörenden Lärms angegeben wurde. Trotzdem wurde bereits einigen Gaststätten angekündigt, die Freiluftkonzession nur noch bis 20 Uhr zu gewähren. Von einigen Gaststättenbetreibern wurde die Befürchtung geäußert, daß dies der Auftakt dafür sein könnte, die Szene aus dem Kiez zu vertreiben: „Erst werden sie die Sache mit den Strafbescheiden noch eine Weile laufenlassen, und irgendwann entziehen sie einem dann die Konzession ganz. Schließlich wird Kreuzberg ja City-Bereich werden, da ist man sicher bemüht, uns rauszudrängen.“ Schließlich erhöhe sich der Grundstückswert ja jetzt schon ständig.

Rainer Santer, der als Gast vom Verein SO36 an der Gesprächsrunde teilnahm, erklärte sich mit den Gastronomen solidarisch: Spekulation muß nicht unbedingt der Grund für die Handlungsweise der Kreuzberger Behörden sein: „Ich hab‘ auch mal eine Zeitlang in einem Bezirksamt gearbeitet. Eine Verwaltung hat so ihren eigenen Wirkungsmechanismus irgendwann war mal etwas, und schon entwickelt sie eine merkwürdige Eigendynamik.“ Er verwies auf die Äußerung eines Polizeibeamten, der gesagt haben soll: Da es nun in Kreuzberg praktisch keine Krawalle mehr gebe, hat die Polizei eben Zeit, sich um andere Dinge zu kümmern.

Die Kneipenbetreiber, die sich zu einem Interessenverband zusammengeschlossen haben, werden am kommenden Freitag im „Regenbogenkino“ in der Lausitzer Straße ein Hearing veranstalten. Eingeladen sind unter anderem der Regierende Bürgermeister Momper, der Bezirksbürgermeister König sowie die Bezirksbaustadträtin. Eine Antwort der Angeschriebenen steht jedoch bisher noch aus.

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