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Ein neues Problem?

■ betr.: "In Thüringen steht die grüne Liste", Gastkommentar von Udo Knapp, taz vom 17.8.90

betr.: „In Thüringen steht die grüne Liste“, DDR-taz vom 16.8.90, „Vereinigte Linke als Kuppelmutter?“, Gastkommentar von Udo Knapp,

taz vom 17.8.90

Ich zoll der Redaktion Anerkennung, daß sie sich auch kleineren Organisationen und Vereinigungen der Noch-DDR wenigstens aus der Entfernung widmet. Anderen Tageszeitungen gereicht dies nicht zur Ehre.

Zu dem Thüringen-Artikel: Es gibt keinen Landesverband Vereinigte Linke Thüringen. Daraus folgt, daß nicht die Vereinigte Linke Thüringens, sondern einzelne Basisgruppen auf das Angebot der Grünen verzichten.

Sehr gradlinig erscheint mir die Argumentation, warum der UFV nicht Teil des Wahlbündnisses der Bürgerbewegungen ist. Könnten die Wahlergebniserfahrungen mit den Grünen nicht eine Rolle spielen?

Den Vorwurf Michael Latstätters aufgreifend, frage ich mich, in welchen DDR-Organisationen sind keine ehemaligen SED-Mitglieder? Interessant wäre sicher eine prozentuale Aufschlüsselung.

Schwierigkeiten habe ich im Verständnis von Bürgerbewegungen. War nicht eine Besonderheit, daß die Breite der BürgerInnen sich der Problembewältigung widmen. Neu müßte ergänzt werden: die BürgerInnen dürfen nicht der PDS angehören, da die Vorgängerorganisation SED sich in der DDR als unfähig erwies, wird der UFV in Großdeutschland nicht die Neue Forums-Frauenpolitik vertreten. Interessant scheint mir in Eurer Darstellung, daß das Neue Forum zum Kristallisationspunkt für das Verhalten verschiedener Thüringer Bürgerbewegungen wurde.

Zum Artikel „Kuppelmutter“: Die stalinistisch geprägte Kaderstrategie nach 1945 bestand darin, alle Ansätze von unten gewachsener Bürgervereinigungen aufzulösen, die deutschen Kommunisten, die nicht in der Sowjetunion geschult worden waren, auszuschalten und bolschewistische Kader zu unterstützen. Ich halte die Frage „War alles links, was sich als links bezeichnete“, für legitim. Ist nicht gegen den Marxschen Gedanken, das Individuum sei Gradmesser der gesellschaftlichen Entwicklung, ein mehrfacher Feldzug geführt worden: 1936/37 Internierungslager in der Sowjetunion, Zweiter Weltkrieg, 1945 in Deutschland werden entstehende Bürgerbewegungen ausgeschaltet, Disziplinierung in den fünfziger Jahren, Ausbürgerungen etc.

Beachtlich finde ich, daß Udo Knapp der Meinung ist, die VL sei ihrem Anliegen, linke Kräfte zusammenzuführen, sehr nahegekommen. Auf der DDR-Landeskonferenz in Dresden wurde von den VLerInnen festgestellt, daß dieses Anliegen der Böhlener Plattform nicht realisiert wurde.

Im dritten Absatz finde ich meine Bauchschmerzen wieder. Am 16.8. lese ich in der taz, die VL nimmt die „Grüne Hand“ nicht, am 17.8. steht geschrieben, die „Grüne Hand“ gab es nicht. Weiter lese ich, das Bündnis wollte die VL nicht mehr, aber am 16.8. stand geschrieben, die VL kümmerte sich gar nicht.

Frage: Zeichnet sich trotz Wahlkampfhektik ein neues DDR oder schon Deutschland-Problem ab: Bürgergruppierungen sprechen anderen ihre Kompetenz ab und trachten danach deren Kompetenzanspruch zu realisieren? Das Neue Forum wird sich um Frauenarbeit kümmern.

Jörg Pöse, Erfurt (DDR)

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