Anpassungsunterricht

■ Tips der Stadt Bocholt für Flüchtlinge und AussiedlerInnen

Seit einiger Zeit wird in dem nordwestlich des Ruhrgebiets gelegenen Städtchen eine Information für ausländische Mitbürger verteilt. Ein Dokument nicht nur des, im wahren Sinne des Wortes, ungeheuren behördlichen Regelungsbedarfs. Die Information gibt vor allem Auskunft darüber, wie der/die ideale AusländerIn beschaffen sein muß, damit der/die normale Deutsche nicht böse auf sie wird. Auszüge aus dem Bocholter Papier:

Liebe ausländische Mitbürger, Durch Ihre Immigration aus Ihrem Herkunftsland nach Deutschland haben Sie sich entschieden, in einem anderen Kulturkreis zu leben. Dieser Schritt erfordert nun Toleranz und in besonderem Maße Anpassung an die deutschen Gewohnheiten, damit Sie als Ausländer nicht immer gezwungen sind, am Rande der Gesellschaft zu leben. Hier einige wichtige Ratschläge:

Sauberkeit und Ordnung. Ein wichtiger Punkt im Zusammenhang mit Anpassung ist der hohe Sauberkeitsanspruch, den die Deutschen haben. Das bezieht sich nicht nur auf die eigenen Wohnungen, sondern auch auf die Umgebung, was man am Beispiel der Stadt Bocholt deutlich erkennen kann. Als ausländischer Bewohner von Wohnungen und Häusern, die Ihnen von der Stadt Bocholt beziehungsweise dem Sozialamt zur Verfügung gestellt werden, stehen Sie unter besonderer Beobachtung der Bevölkerung, die diese Unterkünfte durch Zahlung von Steuergeldern finanziert. Diese Bürger entwickeln oft das Gefühl, daß hier auf ihre Kosten Menschen leben, die sich ihrerseits nicht für die Pflege und Erhaltung von Allgemeingut interessieren und Schmutz und Unordnung mitbringen. Immer wieder müssen wir feststellen, daß sowohl Flure und Höfe, aber auch das Inventar der Wohnungen völlig verdreckt und verlebt sind, was sicherlich nicht die Gastfreundschaft und Ausländerfreundlichkeit der Deutschen positiv beeinflußt. Wir wissen natürlich, daß viele von Ihnen außerstande sind, ihren Teil zum Lebensunterhalt beizutragen. Im Punkt Sauberkeit und Ordnung haben Sie jedoch großen Einfluß auf den Ruf Ihrer Familie und Ihrer Nationalität.

-Nach Benutzung der Küche müssen Essensreste und Fettspritzer von Herd, Arbeitsplatten und Boden entfernt werden. Lüften nicht vergessen!!!

-Das Badezimmer muß häufig (zweimal in der Woche) in regelmäßigem Wechsel aller Bewohner gereinigt werden. Nach dem Duschen oder Baden muß die Feuchtigkeit mit einem Lappen aufgenommen werden. Lüften!!!

-Die Toilette sollte immer sauber sein. Hierzu kann jeder mit Hilfe der Toilettenbürste beitragen. Außerdem muß die Toilette (die im Sitzen benutzt wird) sehr häufig (dreimal in der Woche) gereinigt und desinfiziert werden.

Da unsere Aufforderungen zur Pflege und Sauberkeit leider sehr häufig mißachtet beziehungsweise ignoriert werden, sind wir gezwungen, durch unangemeldete Kontrollgänge besonders auf die notwendige Hygiene zu achten. Sollten sich einzelne Familien oder Personen nicht an die obigen Regeln halten, sehen wir keine andere Möglichkeit, als diese Personen auszuweisen und in große Auffanglager (z.B. Hemden) zurückzuschicken, notfalls mit Hilfe der örtlichen Polizeibehörde. In diesem Zusammenhang eine sehr wichtige grundsätzliche Sache: Es ist nicht Ihre Angelegenheit und vor allem nicht Ihr Recht, sich in die Verteilung von Unterkünften einzumischen, schon überhaupt nicht mit scharfer Aggressivität. Die Einteilung erfolgt durch das Sozialamt.

Ehrlichkeit. Versuchen Sie in keiner Situation, durch Unehrlichkeit einen Vorteil für sich oder Ihre Familie zu erlangen. Dies gilt sowohl für den Umgang mit Ihren Mitmenschen als auch für die Angestellten der Ämter, Lehrer, dem Hausverwalter, der Sozialbetreuerin etc. Dieser kleine Vorteil wird sich schnell als Nachteil für Ihre Nationalität auswirken und Vorurteile gegenüber Ausländern auslösen.

Umweltschutz. In Deutschland ist das Wort „Umweltschutz“ inzwischen besonders wichtig geworden. Wir versuchen, Müll zu vermeiden, und sammeln wiederverwertbare Stoffe oder auch umweltgefährdende Stoffe, um die Umwelt möglichst zu schonen und nicht zuletzt aus Liebe zu unseren Kindern, die mit dem leben müssen, was wir ihnen hinterlassen.

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