: Verhandlungsprozeß zwischen Regierung und ANC in Gefahr
Johannesburg (taz) - Nach zwei Wochen blutiger Auseinandersetzungen in schwarzen Wohngebieten bei Johannesburg, die mehr als 500 Menschenleben gefordert haben, sind die Verhandlungen zwischen Regierung und dem Afrikanischen Nationalkongreß (ANC) über die Zukunft Südafrikas in Gefahr. „Der ANC kann nicht Frieden und Gewalt gleichzeitig wollen,“ sagte Verteidigungsminister General Magnus Malan am Samstag. Trotz dieser scharfen Attacke bleiben die Kontakte zwischen Regierung und ANC aber bestehen. Vorbereitende Gespräche für Verhandlungen über eine neue Verfassung haben begonnen. Malan äußerte sich, nachdem die Regierung am Freitag Notmaßnahmen verhängt und Tausende von Polizisten und Soldaten in schwarzen Wohngebieten um Johannesburg eingesetzt hatte. Polizisten, unterstützt durch Elitetruppen der südafrikanischen Armee, riegelten am Wochenende verschiedene schwarze Wohngebiete ab, durchsuchten alle Häuser und beschlagnahmten Tausende von Waffen, darunter Speere, Macheten, Stöcke und Schußwaffen. Der ANC hat die neuen Vollmachten der Polizei scharf verurteilt. ANC-Vizepräsident Nelson Mandela nannte sie sinnlos und kontraproduktiv. Der ANC hält an seinen Vorwürfen fest, denen zufolge südafrikanische Polizisten bei den Auseinandersetzungen auf seiten der konservativen Zulu -Organisation Inkatha eingegriffen hätten. Harry Gwala, ein führender ANC-Vertreter in der Provinz Natal, erklärte am Samstag auf einer Veranstaltung der Frauenliga des ANC, er hoffe zwar, die Befreiung auf friedliche Weise zu erreichen. „Aber manche von uns wissen tief in ihren Herzen, daß niemand freiwillig die Macht aufgibt.“ Gwala lehnte erneut ein Treffen zwischen Mandela und Zulu-Führer Häuptling Buthelezi zur Lösung der jüngsten Konflikte als „sinnlos“ ab. Buthelezi dagegen warf dem ANC vor, die Spannungen geschürt zu haben, indem „jeder Zulu und jedes Inkatha -Mitglied durch die Forderung, Kwa Zulu (das Reservat für Zulus, dessen Führer Buthelezi ist) aufzulösen, erniedrigt wurde“.
Hans Brandt
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