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Westafrika-Truppen landen in Liberia

■ 2.500 Soldaten aus fünf westafrikanischen Staaten intervenieren, um dem blutigen Bürgerkrieg ein Ende zu bereiten / Inzwischen kämpfen sie selber mit / Gefechte mit Charles Taylors NPF-Guerilla

Abidjan/Banjul (ap/afp/taz) - Seit Freitag kämpfen in Liberia nicht mehr nur Liberianer nebeneinander: auch Truppen aus fünf anderen westafrikanischen Ländern sind mit dabei. Die Internationalisierung des Bürgerkrieges ist Ergebnis der Intervention einer „Friedenstruppe“ der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft „ECOWAS“, die etwa 3.000 Soldaten aus Ghana, Nigeria, Gambia, Guinea und Sierra Leone umfaßt.

Nachdem sie sich wochenlang im benachbarten Sierra Leone gesammelt hatten, gingen die ECOWAS-Truppen nun zum Einsatz über: Während einige Einheiten sich an den Grenzen von Guinea und Sierra Leone kampfbereit hielten, landeten 2.500 Soldaten am Freitag abend im Hafen von Monrovia. Sie wurden von Prince Johnson, dem Kommandanten der jüngsten und kleinsten der drei in Liberia gegeneinander kämpfenden Armeen, persönlich empfangen. Prince Johnson, ursprünglich Mitglied von Charles Taylors Rebellenarmee „National Patriotic Front“ (NPF), kämpft seit kurzem auf der Seite des bisherigen Präsidenten Samuel Doe gegen die NPF. Taylors Leute hatten am Freitag vormittag versucht, den Hafen von Monrovia unter ihre Kontrolle zu bringen, wurden allerdings von Johnson und seinen Anhängern zurückgedrängt. Die NPF kontrolliert den Großteil des Landes und lehnt eine ausländische Intervention strikt ab.

Am Samstag begannen die ECOWAS-Truppen, offensiv gegen die NPF vorzugehen. Wie aus einer Meldung der ghanaischen Nachrichtenagentur 'GNA‘ hervorging, brachen die Gefechte um die Kontrolle des Hafens von Monrovia am Morgen aus und hielten den ganzen Tag an. Die ECOWAS-Truppen hätten die Stadt Clara einige Kilometer vom Hafen Monrovia erobert. Dabei seien Mörser, automatische Waffen und Artilleriegeschütze eingesetzt worden. Mehrere hundert Zivilisten verließen das Kampfgebiet. Informationen über eventuelle Todesopfer lagen zunächst nicht vor. Oberstleutnant George Ayiku, der das ghanaische Kontingent der ECOWAS-Truppe befehligt, sagte, es dürfte der Friedenstruppe bald gelingen, das gesamte Hafengebiet unter ihre Kontrolle zu bringen, um von dort aus einen Angriff auf die NPF-Stellungen in Monrovia zu starten.

Mit der ECOWAS-Intervention verschieben sich die Gewichte im liberianischen Bürgerkrieg zuungunsten von Charles Taylor, der seit Dezember 1989 den bisherigen Präsidenten Doe mit Waffengewalt zu stürzen versucht und vorigen Monat eine eigene Regierung ausgerufen hatte. Reste der Doe-treuen liberianischen Armee halten die NPF in Paynesville im Norden Monrovias auf, die Rebellen von Prince Johnson kontrollieren die gesamte Region von Crozier Ville bis zum Hafen von Monrovia. Nun muß sich Taylors Armee zusätzlich auch gegen die westafrikanischen Truppen durchsetzen.

Die NPF befürchtet, daß in einer von der ECOWAS überwachten Friedenslösung dem bisherigen Präsidenten Doe eine Rolle in der Zukunft des Landes garantiert werden könnte. Taylor hat mehrfach erklärt, der Krieg sei für ihn erst mit Does Tod beendet. Bei Beratungen in Gambia hatte die ECOWAS vor wenigen Wochen beschlosen, mit militärischen Mitteln in Liberia eine Übergangsregierung einzusetzen, die freie Wahlen organisieren soll.

Es ist nunmehr nicht ausgeschlossen, daß Prince Johnson aus dem Todeskampf zwischen Doe und Taylor als der lachende Dritte hervorgeht und von der ECOWAS mit der Bildung der liberianischen Übergangsregierung betraut wird. Gestern wurde Johnson nach Informationen aus Regierungskreisen in Gambia in der gambischen Hauptstadt Banjul erwartet, um dort mit der ECOWAS zu beraten. Am heutigen Montag sollen dann alle liberianischen Kriegsparteien in Banjul mit ECOWAS -Vertretern zusammentreffen. Bisher hat nur Johnson seine Teilnahme zugesagt. NPF-Führer Taylor hatte sich bereits am Dienstag gegen ein solches Treffen ausgesprochen. NPF -Verteidigungsminister Tom Woewiyu, der im Rahmen einer NPF -Delegation von Togos Präsident Eyadema empfangen wurde, forderte stattdessen ein Gipfeltreffen der ECOWAS -Staatschefs und sprach sich erneut gegen die Anwesenheit der westafrikanischen Truppen in Liberia aus.

D.J.

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