: Verkauf von Atom-Pilzen ist legal
■ Landgericht sprach Gemüsehändler frei / Maronen mit 900 Becquerel/Kilo
Ein Gemüsehändler, der verstrahlte Maronenpilze mit einem Gesamtcäsiumgehalt von fast 900 Becquerel pro Kilogramm verkauft, macht sich nicht strafbar. Das mußte sich am Montag die Lüneburger Staatsanwaltschaft vom Landgericht sagen lassen.
„Klar, daß verstrahlte Lebensmittel nicht gesundheitsfördernd sind. Aber solange der Gesetzgeber sich nicht eindeutig festlegt, können wir auch niemanden bestrafen“, meinte Gerichtsvorsitzender Hans Dellbrügge und bestätigte damit einen Freispruch des Uelzener Amtsgerichts auch
in der nächsten Instanz.
Seit 1987 sind die strengen Grenzwerte nach der Tschernobyl -Katastrophe für Inlandsprodukte aufgehoben. Nur für Importe aus Drittländern gilt eine 600-Becquerel-Grenze. „Der Verbraucher geht doch davon aus, daß dieser Grenzwert für alle Lebensmittel gilt“, empörte sich Staatsanwalt Wilfried Kuppi.
Der 48jährige Gemüsehändler aus Rosche (Kreis Uelzen) hatte im Oktober 1988 auf dem Braunschweiger Altstadtmarkt vier Kilogramm Maronenröhrlinge unter dem Ladentisch für angeblich
vorgemerkte Kunden bereitgehalten. Dies sah sein Anwalt nicht als „In-den-Verkehr-Bringen“ an, wie es die Anklage dem Händler vorwarf.
Die Pilze, die der Mann angeblich selbst im Kreis Lüchow -Dannenberg gesammelt haben wollte, seien im Sinne der lebensmittelrechtlichen Vorschriften keineswegs „ekelerregend“ gewesen, denn, so meinte der Verteidiger: „Wer absichtlich solche Pilze bestellt, wird sie auch gern essen.“
dpa
(Aktenzeiten 25 Ns/10 Js 4868/89)
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