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Angstlust, Begeisterung

■ Show-Circus Flic Flac gastiert seit Mittwoch auf dem Grünenkamp / Bis 16.9.

Höher, schneller, weiter und größer - Superlative findet man auch in den Circussen von heute. Im gegenseitigen Konkurrenzkampf um die wildesten Bestien, waghalsigsten Artisten und halsbrecherischsten Stunts haben die Großen der Branche im Lauf der Jahre den Blick für's Wesentliche verloren und somit auch an Publikum. Jenseits von Größenwahn, aber auch von traurig-poetischer Romantik a la Roncalli, präsentiert nun die Flic Flac-Truppe ihr Programm.

Schon die Circuskulisse ist ein Erlebnis der besonderen Art. Keine modernen Wohnwagen beherbergen die Artisten, sondern alte, liebevoll restaurierte Holzwagen. Die einsetzende Dämmerung erhellen unzählige Glühbirnen, und es duftet nach frischem Popcorn und Sägemehl, während

man durch die schmiedeeisernen Torbogen in die Welt der Illusionen eintritt. Unter dem nachtblauen Stoffzelt leuchtet eine kleine, von Sternen umsäumte Manege. Die klassische Wumm-tata-Kapelle sucht man vergebens, ebenso den dicken Direktor, der dröhnend durch das Programm führt. An ihre Stelle treten ein Orchester mit modernsten Keyboardsounds und die Komiker HerrBert & Hubert, die mit artistischer Pantomime die Umbaupausen füllen.

Die Vorstellung beginnt in tiefer Dunkelheit. Die Manege ist in gespenstisches Licht getaucht. Drei dunkle Gestalten huschen zu geheimnisvollen Tischchen und beginnen zu schweißen und zu sägen! Das Licht geht an und bringt Klarheit: Es handelt sich um die Hebeakrobaten Abdul & Abdul in

blauen Monteursanzügen. Während das Publikum noch zwischen Verwirrung und Begeisterung schwankt, gewinnt das Programm an Tempo.

Der in ein schwarz-glitzerndes Kostüm gewandete Rene Nowak beweist seinen Gleichgewichtssinn mit Handständen auf freistehender Leiter. Der steppende Jongleur Tico entzieht bis zu fünf Bälle gleichzeitig der Schwerkraft. Der Tellerjongleur Carlo Bogino zeigt mit einem Augenzwinkern, was passiert, wenn man das Jonglieren noch nicht ganz drauf hat. Später verdunkelt sich die Manege. Ein kleiner Junge hockt sich in ihre Mitte, ein Zirkuskind, das davon träumt, ein großer Star zu werden. Und wie es sich das vorstellt, zeigt gleichzeitig sein Vater am Hochseil in einem höhepunktig freihändigen

Kopfstand.

Nach der Pause dann die unkonventionellste Nummer: Zum hämmernden „Batman“ von Prince zeigt der junge Franzose Stephane sein Können auf einem BMX-Rad. Tierisch wurde es immer zwischendurch, wenn sich Benno Kastein - der zusammen mit seinem Bruder Lothar den Circus gründete - wahlweise an der Dressur eines Stoffhundes oder an lebendigen Hunden versuchte, wobei er bei letzteren - einer bunten Meute vom Rehpinscher bis zum Bernhadiner - mehr Erfolg hatte. Ihr artistisches Können bewiesen die Brüder beim Höhepunkt der Show, einer Nummer auf dem Riesenrad, die dem bremisch zurückhaltenden Premierenpublikum erst Angstschreie und dann Begeisterungsstürme entlockte. Anissa Mülle

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