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Unabhängiger Frauenverband

■ betr.: "In Thüringen steht die grüne Liste", taz vom 16.8.90

betr.: „In Thüringen steht die grüne Liste“, taz vom 16.8.90

Nun steht also ein grün-bürgerbewegtes Wahlbündnis in Thüringen - doch die Freude darüber bleibt mir so ziemlich im Halse stecken. Denn frau hat wiederum nur die Wahl, sich zwischen verschiedenen Stellvertretern für ihre Interessen zu entscheiden. Das hatten wir ja nun 40 Jahre lang - eine Regierung, die alles für das Wohl des Volkes zu tun vorgab. Daß ausgerechnet ein Vertreter der Bürgerbewegung, die sich am engagiertesten gegen diese Entmündigung von BürgerInneninteressen gewandt hat, sich jetzt so äußert („Wir werden uns innerhalb des Neuen Forums jetzt verstärkt um Frauenpolitik kümmern.“), enttäuscht mich zutiefst. Denn immerhin gibt es mit dem UFV ja eine Bewegung, die sich genau diese Interessen auf die Fahnen geschrieben hat, und ein einheitliches Wahlbündnis von Bürgerbewegungen, Grünen und Frauen wäre wohl die beste Art gewesen zu beweisen, daß mann es mit diesem Sich-kümmern ernst meint. So bleibt nur die Frage, was ist dem Neuen Forum wichtiger - das Einbringen eines breiten Spektrums von Basisinitiativen in den künftigen Landtag oder die Eigenprofilierung als einzige Gruppe, die konsequent BürgerInneninteressen in diesem Gremium vertreten wird? Dann wäre allerdings zu fragen, wessen Interessen diese Herren dann vertreten?

Es dürfte auch dem Thüringer Landesvorstand des Neuen Forum hinreichend bekannt sein, daß die - mit der undemokratischen Fünfprozentklausel - ziemlich sichere Nichtpräsenz des Frauenverbandes im künftigen Landtag neben der momentanen Ausgrenzung einen weiteren Langzeiteffekt hervorbringt: Medienpräsenz haben vor allem die in den Parlamenten vertretenen Bewegungen und Parteien. Die Entwicklung unserer Presse im letzten halben Jahr hat dies hinlänglich bewiesen

-rückte doch auch das Neue Forum von den Titelseiten in der Wendezeit in die Randspalten der meisten „unabhängigen“ Tageszeitungen. Damit dürfte in den nächsten Jahren die Artikulation spezifischer Fraueninteressen in den Thüringer Zeitungen zumindestens erheblich erschwert werden.

Überhaupt - was versteht das Neue Forum Thüringen unter Frauenpolitik? Eine so pauschale Äußerung, wie in der taz abgedruckt, weist uns einen Randplatz im Sozialbereich einschließlich einer damit zusammenhängenden Opferrolle zu. Aber noch gibt es an der Basis des Frauenverbandes eine Menge Power, und noch wehren wir uns dagegen, nur händeringend den Ereignissen hinterherzurennen. Denn Frauenpolitik ist mehr als „nur“ die Sicherung der ökonomisch selbstbestimmten Existenz von Frauen einschließlich des Selbstbestimmungsrechts über unseren Körper. Frauenpolitik hat auch eine kulturelle Dimension, eine ökologische Dimension und gesellschaftsverändernde Kraft. Und das alles möchte mann für uns miterledigen - da hat mann sich aber ganz schön viel vorgenommen. (...)

Uta Schäfer, Weimar

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