Massenentlassungen bei schwedischen Autofirmen

■ 4.000 sollen bei Volvo, 1.300 bei Saab gehen / Vorboten der Rezession?

Aus Stockholm Reinhard Wolff

Tausend Beschäftigte hat die Automobilfirma Volvo bereits im Laufe dieses Jahres entlassen. Weitere 4.000 sollen jetzt folgen: Insgesamt jeder siebente Beschäftigte des Flaggschiffs der schwedischen Industrie. Mit diesen am Mittwoch bekanntgegebenen Maßnahmen versucht Volvo den Abwärtstrend bei den Gewinnen zu stoppen. Laut Halbjahresbilanz hat sich dieser Gewinn auf zwei Milliarden Kronen, 560 Millionen DM, glatt halbiert.

Schon nicht mehr um Gewinn, sondern nur noch um die Begrenzung der Verluste geht es bei der Automarke Nummer zwei aus dem Norden: Saab steckt tief in den roten Zahlen, allein eine Milliarde minus wurden in den ersten vier Monaten dieses Jahres gemacht. Auch bei Saab lautet die Konsequenz: Feuern! 1.300 Beschäftigte erhalten hier die Papiere, zwei Fabriken in Schweden werden ganz geschlossen. In Norwegen und Finnland wird bei den dortigen Zweigwerken zusätzlich Arbeitskraft „abgebaut“.

Daß es Saab schon länger schlecht geht, war bekannt. Nicht umsonst gab es die monatelange vergebliche Suche nach einem „großen Bruder“, bis man endlich bei General Motors fündig wurde. Die Zusammenarbeit mit dem US-Multi haben die traditionellen schwedischen Zulieferfirmen von Saab bereits empfindlich zu spüren bekommen: Ihre Verträge wurden gekündigt, wenn sie nicht preislich mit den GM-Partnern aus Südostasien mithalten konnten - angesicht des schwedischen Lohnkostenniveaus ein auf Dauer unmögliches Unterfangen. Doch damit nicht genug: Nach den Zulieferern trifft es jetzt die Saab-ArbeiterInnen selbst.

Schwedische Autos scheinen derzeit nicht gefragt zu sein. Auf dem europäischen Markt mußte, abgesehen von Jaguar, keine Marke so hohe Verkaufsverluste in den ersten sieben Monaten dieses Jahres hinnehmen wie Saab und Volvo. Auf dem amerikanischen und asiatischen Markt sieht es nicht besser aus. Und in Schweden selbst ging der Verkauf von Neuwagen im ersten Halbjahr 1990 um 17 Prozent zurück, im Juli gleich um rekordhohe 30 Prozent.

Die Golf-Krise bietet sich als Verkaufsargument auch nicht unbedingt an. Vor allem aber sei man gegenüber der Konkurrenz ganz einfach zu teuer, begründete Volvo-Chef Christer Zetterberg die Talfahrt. Die Konsequenz seiner Firma: Verlagerung der Produktion ins billigere Ausland. Während in Schweden 5.000 Stellen gestrichen werden, bleiben die ausländischen Produktionsstätten vom Personalabbau fast verschont.

„Unsere Maßnahmen zur Einschränkung des individuellen Autoverkehrs zeigen bereits Wirkung“, frohlocken voreilig Schwedens Sozialdemokraten. Doch dies ist nur ein Teil der Wahrheit. Zwar ist das Autofahren in Schweden innerhalb nur weniger Monate durch Steuer- und Benzinpreiserhöhungen extrem teuer geworden - ein Liter Benzin kostet mittlerweile zwei Mark -, doch hat dies bislang allenfalls zu einem Weniger an unnützen Autofahrten geführt, noch nicht aber zum ausschlaggebenden Argument dafür, keinen Neuwagen kaufen zu wollen. Im Niedergang der Verkaufszahlen scheint sich vielmehr eine allgemeine Wirtschaftskrise anzudeuten, für die StatistikerInnen auch schon andere Anhaltspunkte gefunden haben.

Es wird allgemein weniger konsumiert, weil zu wenig im Geldbeutel bleibt. Und die Arbeitslosenzahlen gehen steil nach oben: In absoluten Zahlen sind es zwar immer noch nur gerade 3,5 Prozent im letzten Monat gewesen, doch die Steigerung gegenüber dem Vorjahr beläuft sich auf immerhin 50 Prozent.

Die Betriebsgewerkschaften bei Volvo und Saab müssen sich derweil schon auf den nächsten Schritt vorbereiten: den wachsenden Einfluß der ausländischen „Partner“ General Motors bei Saab und Renault bei Volvo. Auf längere Sicht wird es darum gehen, ob eigenständige schwedische Automobilproduzenten überhaupt überleben werden. „Wielange wird es Saab noch geben? Werden wir bald Opel zusammenschrauben, bevor man uns erklärt, daß Schweden auch hierfür ein zu teures Land ist?“, fragen Betroffene auf einem Flugblatt, das vor der Saab-Fabrik im Malmö verteilt wurde.