piwik no script img

„Kuwait-City verkommt langsam zum Slum“

■ Wirtschaftlich verfällt das Öl-Emirat mehr und mehr

Damaskus (adn) - „Auf den Straßen von Kuwait-City wachsen die Müllberge, Krankheiten drohen um sich zu greifen, und die einst so reiche Stadt verkommt langsam zum Slum.“ So beschreibt ein kuwaitischer Journalist die von irakischen Truppen besetzte Metropole des Golf-Emirats. Über den Irak und Jordanien war er drei Wochen nach der Invasion nach Syrien geflohen. „Müllabfuhr und andere kommunale Dienste gibt es praktisch nicht mehr. Die Leute verbrennen hin und wieder die Abfallhaufen, um Infektionsherde zu beseitigen. Alle jene, deren Namen an das Emirat und dessen Unabhängigkeit erinnern, mußten diese ändern: Das 'al-Sabah‘ -Hospital heißt jetzt nach dem irakischen Präsidenten 'Saddam‘, die 'al-Emiri'-Klinik 'al-Dschumhuri‘ (die Republikanische).“

Das kostenlose Gesundheitssystem war einst der Stolz Kuwaits, die Kindersterblichkeit die niedrigste in der arabischen Welt. „Langsam fehlt es auch an Nahrungsmitteln, vor allem an Brot und Milch. Besonders für Familien mit vielen Kindern wird es immer härter.“

Reiche Kuwaitis mit dicken Konten im Ausland gingen noch schnell außer Landes, etliche waren ohnehin auf Sommertrips in Europa, Damaskus oder Kairo. Geblieben sind die Ärmeren. „Der Markt trocknet förmlich aus, die Schlangen vor den noch geöffneten Läden werden täglich länger. Die Preise für Lebensmittel sind um das Zwei- bis Dreifache gestiegen.“ Das Benehmen der Besatzungstruppen gegenüber der Bevölkerung beschreibt der Journalist als im allgemeinen korrekt. Bei rund 170.000 in Kuweit stationierten Soldaten seien die bekannt gewordenen Fälle von Raub und Vergewaltigung Ausnahmen. Er selbst sei aber auch Zeuge von Ausschreitungen gewesen, insbesondere in den ersten Tagen.

Zum wirtschaftlichen Verfall komme die Jagd auf unliebsame Kuwaiter und irakische Oppositionelle, die im kuwaitischen Exil leben. „Ich weiß nicht, wie viele sie nach Bagdad gebracht haben. Aber viele meiner irakischen Freunde sind verschwunden.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen