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„Unternehmer sollen langfristig denken“

Berlin (taz) - Die Unternehmer im Westen sollten bei ihren Kooperationsüberlegungen in größeren Zeiträumen denken. Diesen Wunsch äußerte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maziere bei einem Kongreß in Ost-Berlin, zu dem der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) etwa 700 Industrielle aus Ost- und Westdeutschland eingeladen hatte. Die Westunternehmen, die in die DDR einsteigen wollen, sollten sich klarmachen, daß in den nächsten Jahren erstmal Verluste gemacht werden müssen. Neben der Schaffung eines „soliden Mittelstands“ bräuchte die DDR gerade die große Industrie, damit die von großindustrieller Monokultur geprägten Regionen nicht zusammenbrechen. Die Chemieindustrie habe hier zum Beispiel nicht die Schwierigkeiten, geeignete Standorte zu finden, wie in der BRD: Die Akzeptanz für Chemiewerke sei in bestimmten Regionen vorhanden (je tiefer die Leute in den Dreck gedrückt werden, umso mehr „akzeptieren“ sie leider; d.Korr.), die DDR-Bevölkerung sei an Arbeitsplatzerhaltung interessiert. Detlev Rowedder, Chef der Treuhandanstalt, stellte die geplanten Umstrukturierungen der Institution vor, die mit der deutschen Einigung dem Bundesfinanzministerium unterstellt werden soll. Die Treuhandanstalt soll nun doch nicht in vier branchenbezogene AGs gegliedert werden, da es Personalprobleme bei der Besetzung geben würde. Außerdem würde man damit Konglomerate schaffen, die man schwer wieder los wird. Das eigentliche Aufgabengebiet der Treuhand-Zentrale in Ost-Berlin beschränke sich auf etwa 700 Betriebe von übergeordneter Bedeutung. Die Außenstellen der Treuhandanstalt, die personell neu ausgestattet werden sollen, sollen sich um die kleineren Betriebe kümmern, die von lokaler Bedeutung sind. Etwa 800 bis 100 Betriebe haben nach Einschätzung Rohwedders keine Überlebenschancen. Die DDR solle nicht zum Land der Tochtergesellschaften werden, sagte Rohwedder. Die großen AGs müßten nicht unbedingt privatisiert werden, in der DDR könnten auch Konzernholdings gebildet werden, einige Unternehmen könnten an die Börsen geführt werden.

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