Souverän?

■ betr.: "Lang lebe Saddam Hussein!" von Henryk M. Broder, taz vom 25.8.90

betr.: „Lang lebe Saddam Hussein!“ von Henryk M.Broder,

taz vom 25.8.90

Selbstverständlich ist Hussein auch ein Glücksfall für diejenigen Falken in Israel, die niemals ernsthaft an einem Dialog mit den Palästinensern interessiert sein konnten. Meines Wissens gab es keinen offiziellen Dialog, bis vor kurzem wurden sogar israelische Abgeordnete für ihre Kontakte mit der PLO kriminalisiert. Die vordergründige Begeisterung der palästinensischen „Vettern“ in den besetzten Gebieten dürfte meines Erachtens eher ein - noch zu entschuldigender - Reflex jahrzehntelanger Rechtlosigkeit sein.

Ist Broders implizite Entscheidung, die Brutalität von Sharon und Arens namentlich wegen des „palästinensischen Mobs“ in Zukunft als eine legitime Möglichkeit des Umgangs mit den Palästinensern zu akzeptieren, tatsächlich souverän? Broders Denken, wenn nicht auch von Hussein ferngesteuert, so doch weitgehend beeinflußt: die Lösung des „Palästinenser -Problems“ ist nicht mehr nötig.

Das Klima, bei meinem bisher einzigen Besuch in Israel 1986 bereits nahezu „Orwell-artig“, dürfte danach noch prekärer werden. Der Jammer darüber, daß die eigentlich Verantwortlichen an dieser Geschichte fröhliche Wiedervereinigung feiern und munter weiter Giftgas-Know-how liefern, möglicherweise sich sogar selbst wieder am einen oder anderen „Kreuzzug“ beteiligen, Geschichte also insgesamt ungerecht ist, hilft da auch nicht weiter. Der Papst in Bagdad statt der vielen christlich-westlichen Geiseln, das wäre ein Szenario, das sich in der Tat nicht mehr ganz so folgenlos konsumieren ließe.

Michael Sturm, Wiesbaden