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Ostberliner Frauenhaus eröffnet

■ Erste Einrichtung dieser Art bietet Platz für 24 Frauen und 40 Kinder / Träger des Frauenhauses „Bora“ ist die Diakoniezentrale / Adresse bleibt Geheimnis / Kommune soll Kosten übernehmen

Ost-Berlin. Das erste Frauenhaus in Ost-Berlin bietet seit diesem Monat Frauen und Kindern Zuflucht vor gewalttätigen Ehemännern und Vätern. Träger dieser Einrichtung ist die Ostberliner Diakoniezentrale „Innere Mission und Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Berlin -Brandenburg“. Das ehemalige Stasi-Wohnheim beherbergt derzeit bereits acht Frauen mit ihren Kindern. Die spätere Gesamtzahl soll maximal 24 Frauen und etwa 40 Kinder betragen, da nach Ansicht der Mitarbeiterinnen - fünf kirchliche Sozialarbeiterinnen und eine Kinderbetreuerin bei einer Überbelegung die BewohnerInnen nicht mehr individuell betreut werden können.

Die Frage, was man für bedrohte Frauen tun könne, habe die Innere Mission schon jahrelang bewegt, sagte deren Direktor, Kirchenrat Hans-Dietrich Schneider. Da Gewalt gegen Frauen im real existierenden Sozialismus offiziell kein Thema gewesen sei, habe jedoch vor der Wende keine Möglichkeit für die Schaffung eines Frauenhauses bestanden. Ende Oktober letzten Jahres wurden dann erste konzeptionelle Überlegungen angestellt, die Schlüssel für das räumlich sehr großzügig angelegte Stasi-Objekt konnten im Mai in Empfang genommen werden.

Wo das Frauenhaus „Bora“ - das ist ein nordischer Name für „die Fremde“ - genau liegt, weiß außer Mitarbeiterinnen und BewohnerInnen niemand. „Wir wollen nicht, daß hier reihenweise schlagende Ehemänner vor der Tür stehen“, begründet Dorothee Zabel diese Anonymität. Der Schutz der Frauen ist oberstes Gebot. „Außerdem sollen sie hier zur Besinnung und zu einer Neuorientierung finden, störende Einflüsse von außen sollen von ihnen ferngehalten werden.“ Der Aufenthalt in „Bora“, der etwa drei Monate dauern soll, umfaßt neben der sozialen Betreuung auch das Aufstellen eines Aktionsplanes. Er enthält die dringendsten Schritte, die die Frauen zu bewältigen haben, beispielsweise das Einreichen der Scheidung.

Pro Nacht müssen die Frauen drei Mark entrichten, für Kinder kostet die Übernachtung 60 Pfennig. Dies decke die Kosten jedoch keinesfalls, betonte Kirchenrat Schneider. Bis jetzt habe die Innere Mission 120.000 Mark aus eigenen Mitteln für dieses Projekt zur Verfügung gestellt. Mit dem Magistrat sei jedoch bereits vereinbart worden, daß künftig wie in West-Berlin, wo drei Frauenhäuser existieren, die Kommune die Kosten übernehmen muß.

Wer mit „Bora“ in Kontakt treten will, kann sich telefonisch unter der Nummer 3764332 melden.

adn

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