piwik no script img

Ein alltäglicher Mord in Kosovo

■ 50.000 Kosovoalbaner trugen ein 20jähriges Polizeiopfer zu Grabe

Sie wollten Brennholz sammeln an diesem heißen 10.August in Bllaca e Suhareka, einem Dorf in Kosovo. Sie gingen über das abgeerntete Feld hinauf zu den Bäumen, die auch noch der Familie gehörten und wo immer trockene Zweige zu finden sind. Refki Suka, gerade 20 Jahre alt, sein 11jähriger Bruder und der 17jährige Cousin dachten an nichts Schlimmes, als eine Polizeipatrouille auftauchte. Plötzlich griffen die serbischen Polizisten an. Nach Aussagen des 11jährigen und des 17jährigen, die sich retten konnten, verfolgten die Polizisten Refki, den ältesten der drei, mit ihrem Auto der Marke Newa. Und sie erwischten ihn, sie schlugen ihn. Plötzlich fiel ein Schuß.

Refki wachte im Krankenhaus von Prizren, wohin er gebracht wurde, nicht mehr auf. Die Verletzung war zu schwierig für die Ärzte dieser Provinzstadt, sie schlugen vor, den Jungen nach Pristina, in die Hauptstadt Kosovos, zu verlegen. Nur dort verfügten die Chirurgen über das nötige Instrumentarium. Die Überführung gelang. Die Ärzte gaben ihr Bestes. Doch die Hilfe kam zu spät. Der Sterbende wurde dann von Milizionären bewacht und vor den Verwandten abgeschirmt. Refki starb am 12.August.

Unter den 50.000 Menschen, die am nächsten Tag die Leiche zu Grabe trugen, blieb alles ruhig. Die Weisung der albanischen Organisationen, keine Prokationen zuzulassen, wurde mit Ruhe und stummer Trauer befolgt. Auch die Nachricht, erneut seien sieben kosovoalbanische Ärzte und Chirurgen der Klinik in Pristina entlassen worden, provozierte keinen spontanen öffentlichen Protest. Dafür gibt es jetzt den Streik.

Erich Rathfelder

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen