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Katalonien ruft zur Desertion

■ Angelpunkt des spanischen Widerstands gegen die Golf-Intervention: das Verhältnis zur Nato

Aus Madrid Antje Bauer

Spaniens Linke ließ sich Zeit. Obwohl Antimilitarismus, Ablehnung der Nato und die Forderung nach Abzug der Amerikaner aus spanischen Basen gemeinsamer Nenner vieler sonst heftig zerstrittener Gruppen ist, rührte sich erst drei Wochen nach dem Einmarsch Husseins - die USA flogen längst ihre Golf-Transporte von spanischen Basen - die erste Stimme: Die kleine katalanische Partei „Esquerra Republicana“ rief die katalanischen Soldaten zur Gehorsamsverweigerung, sprich Desertion, auf. Ihr Generalsekretär begründete dies damit, daß die Entsendung spanischer Soldaten einerseits nicht verfassungsgemäß sei und zweitens, daß Katalonien beim Referendum über den Verbleib Spaniens in der Nato 1986 dagegen estimmt habe.

Darauf erklärte die Linkskoalition „Izquierda Unida“ (die zum größten Teil aus dem PCE besteht), auch sie halte Truppenentsendung durch die Regierung ohne Abstimmung mit dem Parlament für verfassungswidrig. Zur Desertion wollte sie jedoch nicht aufrufen. Richtig in Gang kamen die Proteste jedoch erst, als Ende August drei spanische Kriegsschiffe aus den Häfen Cartagena und Rota in Richtung Golf ausliefen. Vierzig Prozent der Besatzung waren frisch gezogene Rekruten, die zum Teil noch nie ein Schiff betreten hatten; die Regierung meinte, sie könnten ja in den zwei Wochen Fahrzeit ausgebildet werden. In beiden Häfen protestierten mehrere Hundert Demonstranten, es gab Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Angelpunkt sowohl der Gegner wie auch der Befürworter der Intervention im Golf ist die Mitgliedschaft Spaniens in der Nato. 1982 hatten die Sozialisten die Wahlen unter anderem deswegen haushoch gewonnen, weil sie versprachen, ein Referendum mit dem Ziel eines Austritts aus der Nato abzuhalten. Kaum an der Regierung besannen sich die Sozialisten anders und hielten die Abstimmung als Befürworter ab. Sie gewannen knapp, unter anderem mit der Begründung, man könne nicht Mitglied der EG sein und davon profitieren und dann negative Seiten nicht mittragen wollen. Dahinter steckte das alte Schreckgespenst der Isolierung, unter dem Spanien unter Franco gelebt hatte. Dieses Argument taucht auch jetzt wieder auf: „Die spanische Haltung ist die einer notwendigen Solidarität mit dem Rest Europas und bricht mit der frankistischen Isolierung auf internationaler Ebene. Meine völlige Unterstützung. Für die Soldaten tuts mir leid“, erklärt dazu der Essayist Roman Gubern in der Tageszeitung 'El Independiente‘.

In einem offenen Brief an den Regierungschef Felipe Gonzalez, unterzeichnet von mehr als 50 Intellektuellen wie dem Schriftsteller Gabriel Celaya, dem Krimi-Autor Manuel Vasquez Montalban und den ehemaligen Militärs Amadeo Martinez Ingles und Luis Otero, wird der Wortbruch des Regierungschefs gegeißelt: „Sie, Ihre Regierung, Ihre Partei und sogar einige Intellektuelle versicherten damals (1986), daß Spanien sich nicht in die militärische Struktur der Nato eingliedern, daß es niemals spanische Soldaten außerhalb spanischen Territoriums schicken und daß Spanien nie die Anwesenheit von Atomwaffen auf seinem Gebiet dulden würde.“

'Esquerra Republicana‘ versucht inzwischen aus ihrer radikalen Haltung politischen Profit zu schlagen. Ihr Generalsekretär hat sich mit dem irakischen Botschafter in Madrid in Verbindung gesetzt, um die Freilassung der katalanischen Geiseln zu erreichen.

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