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In der DDR geht die Arbeit aus

■ Die neuesten Zahlen der Arbeitsämter geben wenig Anlaß zu Optimismus. Schon heute sind 1,8 Millionen Menschen arbeitslos oder müssen kurzarbeiten.

Nach zwei Monaten D-Mark:

Wieviele Kurzarbeiter in der DDR eigentlich eine Arbeitszeit von null Stunden hätten, fragte gestern Klaus Höpcke von der PDS-Fraktion in einer aktuellen Stunde der Volkskammer die Regierung. Staatssekretär Horst Kinitz konnte jedoch keine Zahlen nennen. Er rief junge Leute und ihre Eltern lediglich dazu auf, sich gegen die Jugendarbeitslosigkeit zu wehren. Die Regierung sei „nicht ganz konzeptionslos“. Gute Problemlösungen zeichneten sich in Dresden und Zwickau mit bundesdeutscher Unternehmenshilfe ab.

Und Jochen Steinecke von der FDP assistierte ihm: Strukturwandel bringe zwangsläufig Arbeitslosigkeit mit sich, das hätten auch die Wähler gewußt, als sie sich für diese Veränderungen entschieden. Jugendarbeitslosigkeit sei eines der schlimmsten Probleme in einer Gesellschaft. Ihre Zahl betrage derzeit 156.000. 60 Prozent der nicht vermittelten jungen Leute seien Abgänger der 8. und niedrigerer Klassen. 14.000 Lehrverträge seien mittlerweile gekündigt. 15.000 Ausbildungskontrakte würden nicht vertragsgemäß erfüllt. Steinecke bezifferte den Anteil der Lehrstellen im Mittelstand in der BRD auf 35 Prozent. In der DDR betrage er dagegen nicht einmal 8 Prozent. Der Abgeordnete Uwe Täschner (Bündnis 90/Grüne) forderte regionale Entwicklungsfonds, die aus Steuererhöhungen gespeist werden sollten. Weiterhin trat er für selbstverwaltete Betriebe in der Landwirtschaft und der Wohnumwelt ein, mit denen Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Alwin Ziel (SPD) schilderte seine Eindrücke von Besuchen in der Krisenregion Südharz. Arbeit müsse durch die Wirtschaft geschaffen werden. Es sei untauglich, Arbeitsplätze vor dem Sozialministerium einzuklagen. Er schlug Investitionsvergünstigungen für das DDR-Gebiet vor, die deutlich über dem Niveau der Zonenrandförderung liegen.

Die SPD-Ageordnete und ehemalige Sozialministerin Regine Hildebrandt appellierte an Frauen, die in Kürze das 55. Lebensjahr erreichen, den Vorruhestand anzustreben. Ab 1.Januar 1991 sei ein Vorruhestand nur noch mit dem 57. Lebensjahr laut Einigungsvertrag möglich. Sie betonte weiter, die im Haushalt zur Förderung der Lehrlingsausbildung vorgesehenen 100 Millionen DM seien möglichst auszuschöpfen.

'adn‘

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