Kompetente Lehrkräfte übergangen

■ Betr.: u.a. „Stunde Null in Bremen?“, „Nix Nullstunde“, taz vom 25.8.90

Ich bin Studentin des Lehramtsstudienganges Musik der Universität Bremen. Ich bin über das „Musikinstitut für Pädagogik“ auch als Studentin an der Hochschule eingeschrieben.

Eine weitere Verquickung des Musikstudienganges der Universität mit der Hochschule für Musik besteht u.a. durch die Komponisten Erwin Koch-Raphael und Jens-Peter Ostendorf, die von der Hochschule für Komposition und „Neue Musik“ angestellt sind, aber vor allem an der Universität lehren.

Es gibt für diese Fächer keine kompetenten Lehrkräfte in Bremen.

Da saßen also nun Herr Schmadtke, Herr Seibert, Frau Grevesmühl, zwei Studenten ohne Namen und Herr Albert zusammen und haben Bremens erste „Internationale Herbstakademie“ geplant.„Neue Musik“ sollte auch vertreten sein, natürlich, denn das hat selbst Herr Seibert inzwischen mitbekommen, daß „Neue Musik“ erstens nicht bei Hindemith aufhört und zweitens eine Hochschule für Musik es sich nicht leisten kann, die Existenz der „Neuen Musik“ auf Dauer zu ignorieren.

Aber daß Herr Seibert und seine MitplanerInnen sich inzwischen für „Neue Musik“ so kompetent fühlen, daß sie ihre beiden, für Komposition und Neue Musik zuständigen Kollegen, Erwin Koch-Raphael und Jens-Peter Ostendorf, weder in die Planungen einbezogen haben, noch in Kenntnis darüber setzten, daß überhaupt eine „Internationale Herbstakademie“ stattfinden sollte, ist nicht nur unkollegial, sondern ziemlich dumm, noch dazu, wo bekannt ist, daß der Komponist Erwin Koch-Raphael Schüler und jahrelanger Assistent von Isang Yun war, der zur „Herbstakademie“ erwartet wird.

Auf diese Weise ist jedenfalls erreicht worden, daß ich (wir) als Musikstudentin (ten) der Universität erst unnötig spät, über die Zeitung, von der an sich guten Idee der „Herbstakademie“ erfuhr (en).

Ich ärgere mich darüber, denn ich bin in der Zeit, wo Isang Yun nach Bremen kommt, bei den „Festen für Neue Musik“. Ich kenne Yun persönlich, habe drei Tage bei den Berliner Festspielen 1988 seine Musik genossen und hätte ihn gerne in Bremen beim Unterrichten erlebt.

Ein Ärgernis ist auch die Tatsache, daß durch den berechtigten Zorn des Komponisten Erwin Koch-Raphael, die Gruppe ZEM (Zentrum für elektronische Musik) der Universität Bremen sich mit ihrem Kompositionslehrer solidarisiert und am 6. Oktober nicht mehr am Kulturforum teilnehmen wird.

Bleibt nur zu hoffen, daß die Initiatoren des Kulturforums sich mit dem Komponisten doch noch einigen können und daß Kulturschaffende in Bremen endlich bereit sind, fair zusammen zu arbeiten.

Elisabeth Haar, 2808 Syke