: Saudis helfen Bush aus Finanzklemme
■ US-Außenminister Baker präsentiert in Saudi-Arabien erfolgreich die Rechnung für die US-Truppenstationierung / Saudis und Kuwaitis wollen zahlen / EG hält sich dagegen zurück
Dschidda/Amman (ap/dpa) - Die USA haben gestern den entscheidenden Durchbruch bei den Bemühungen um eine massive Finanzhilfe für die Bewältigung der Golfkrise erzielt: Saudi -Arabien sagte eine Beteiligung an den Kosten für die Stationierung von US-Truppen im Lande in Milliardenhöhe zu, die Exilregierung Kuwaits kündigte ebenfalls Zahlungen an. Die USA und Saudi-Arabien waren sich auch darüber einig, daß der bedingungslose Rückzug Iraks aus Kuwait nicht zur Disposition stehe. Die Sowjetunion erklärte am Freitag ihre Bereitschaft, Truppen unter dem Oberbefehl der UNO an den Persischen Golf zu entsenden. (Siehe auch Seite 3.) Außerdem meldete die 'Los Angeles Times‘, die Sowjetunion plane die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zu Saudi-Arabien.
Die Entscheidung über die Stationierungskosten erfolgte bei Gesprächen, die der amerikanische Außenminister James Baker am Donnerstag in Dschidda mit König Fahd und Außenminister Prinz Saud führte. In Kreisen der amerikanischen Delegation, in der sichtbare Zufriedenheit herrschte, hieß es, die saudische Regierung werde als ein Minimum die Kosten für die gesamte Versorgung der rund 100.000 bisher im Königreich stationierten amerikanischen Soldaten mit Treibstoff und Wasser sowie den Transport übernehmen. Vor wenigen Tagen hatte Baker auf einem Kongreß in Washington gesagt, die Kosten für den Unterhalt dieser Truppe und der 40.000 Mann an Bord von Schiffen im Golf werde sich bis zum Jahresende auf etwa sechs Milliarden Dollar belaufen.
Amerikanische und saudische Regierungsbeamte machten zunächst keine konkreten Angaben über den Umfang der saudischen Finanzhilfe, doch ein Diplomat des Königreiches erklärte: „Die Vereinigten Staaten werden über den Beitrag Saudi-Arabiens nicht enttäuscht sein.“ In ersten Analysen war von mehreren Milliarden Dollar die Rede. Bereits zuvor hatte ein amerikanischer Experte darauf verwiesen, daß Saudi -Arabien als Folge der Golfkrise mit zusätzlichen Einnahmen aus dem Ölgeschäft rechnen könne. Es wird geschätzt, daß Saudi-Arabien inzwischen seine Produktion um etwa 2 Millionen Barrel auf täglich 7,7 Millionen erhöht hat. Dies bedeutet eine zusätzliche Einnahme von fast 100 Millionen Dollar pro Tag.
Baker konnte am Freitag offensichtlich mit einer weiteren erheblichen finanziellen Zusage rechnen, als er im saudiarabischen Taif mit dem dort im Exil lebenden kuwaitischen Emir Dschaber el Sabah zusammentraf. Dschaber sagte bei der Ankunft des Ministers, seine Regierung werde jeden erforderlichen Beitrag leisten.
Die Europäische Gemeinschaft wird sich nicht an den Kosten für die Stationierung amerikanischer Truppen am Golf beteiligen, aber erhebliche wirtschaftliche Hilfe für betroffene Staaten leisten. Dies verlautete am Freitag am Rande einer Sitzung der Außenminister der EG in Rom. Ein Mitarbeiter des italienischen Ministers Gianni de Michelis, der den Vorsitz führte, erklärte, die Forderung der USA nach einer Beteiligung ihrer Verbündeten an den Kosten der Truppenstationierung am Golf sei kein Thema. Statt dessen forderten die EG-Außenminister eine härtere Durchsetzung des Wirtschaftsboykotts gegen den Irak. Vor allem, so die EG, müsse der UNO-Sicherheitsrat Maßnahmen zur Kontrolle des Luftverkehrs in den Irak überprüfen. Die Gemeinschaft wolle den Staaten, die unter den Folgen des gegen Irak verhängten Embargos zu leiden hätten, „wesentliche“ Unterstützung gewähren. Gemeint sind zunächst Jordanien, die Türkei und Ägypten. Wie verlautete, wird sich die geplante Hilfe der EG auf „Milliarden Dollar“ belaufen.
Ebenfalls gestern kündigten die britische Premierministerin Thatcher und der französische Präsident Mitterrand an, ihre Truppen würden notfalls auch ohne UNO-Einwilligung eingesetzt. Großbritannien will sein Truppenkontingent am Golf weiter verstärken. In der Frage von Medikamenten und Lebensmittellieferungen in den Irak aus humanitären Gründen, zu denen Iran und China sich bereiterklärt haben, wurde nun UN-Generalsekretär Cuellar beauftragt, sich einen Überblick über die Lage in Kuwait und Irak zu verschaffen. Danach will der Sicherheitsrat entscheiden, ob solche Lieferungen zulässig sind. Auch die Türkei hat angedeutet, sie sei bereit, aus humanitären Gründen Lebensmittel und Medikamente an den Irak zu verkaufen. Nach Informationen aus Bagdad werden bereits Lebensmittelkarten ausgegeben und strenge Rationierungen eingeführt.
Neben anderen Ausländergruppen konnten gestern erstmals 170 amerikanische Frauen und Kinder direkt aus Kuwait nach Amman ausfliegen. Nach Angaben des Pentagon hat die US-Marine seit Inkrafttreten der UNO-Sanktionen insgesamt 25 Schiffe aufgebracht, die auf dem Weg nach Irak waren. Bislang seien Marinesoldaten allerdings nur bei zwei irakischen Schiffen an Bord gegangen.
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