Unterm Strich

Im Zeichen osteuropäischer Kultur steht diesmal das Pariser Herbstfestival mit Künstlern aus Ungarn, der Tschechoslowakei, Polen und Jugoslawien. Zur Eröffnung am 20. September wird eine französische Adaptierung von Robert Walsers 1907 veröffentlichtem Roman „Die Geschwister Tanner“ im Bastille-Theater aufgeführt. Peter Zadek kommt Anfang Dezember mit seiner Burgtheater-Produktion des „Kaufmanns von Venedig“. Robert Wilson stellt seine Inszenierung „The Black Rider“ vor, ein Stück nach der böhmischen Faust -Legende von William Burroughs. Das Festival geht am 4. Februar zu Ende im Centre Pompidou mit Tadeusz Kantors Theaterstück „Heute ist Mein Geburtstag“, bei dem sich

der polnische Regisseur unter die Darsteller mischt.

Musikalische Schwerpunkte sind Aufführungen von Werken György Ligetis, György Kurtags, Brian Ferneyhoughs und John Cages. Die Französische Cinemateque präsentiert in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut in Paris ein Filmprogramm, das mit Fritz Langs „Die Nibelungen“ (1924) startet.

Das Centre Georges Pompidou und das Goethe-Institut organisieren unter der Leitung von Michel Bataillon und Wolfgang Storch vom 8. bis zum 20. Oktober eine Quinz- aine Bertolt Brecht: ein Kolloquium (11.-13. Oktober), dessen Debatten von Giorgio Strehler,

Matthias Langhoff, Benno Besson und Ruth Berghaus geleitet werden, ist vor allem den Problemen der praktischen Theaterarbeit und den Brecht-Inszenierungen renommierter deutscher und französischer Regisseure in den letzten fünfzehn Jahren gewidmet.

Zu den erwarteten Teilnehmern zählen: Michel Deutsch, Bernard Dort, Achim Freyer, Jean Jourdheuil, Manfred Karge, Lluis Pasqual, Roger Planchon, Bernard Sobel, Michel Vinaver, Jean-Pierre Vincent. Des weiteren stehen Theateraufführungen auf dem Programm: „Das Leben des Galilei“ in der Inszenierung von Antoine Vitez an der Comedie Francaise und ein Gaststpiel der Stuttgarter „tri -Bühne“ mit der Inszenierung Gabor Szambekis

von „Der gute Mensch von Sezuan„; zudem Lesungen von Heiner Müller und Andre Wilms („Die Maßnahme“) und ein Zyklus von sechs Filmen: „Baal“ (1970) von Volker Schlöndorff, „Die Dreigroschenoper„(1930) von Pabst, „Kuhle Wampe„(1932) von Slatan Dudow, „Die Mutter„(1970) als Video der Inszenierung von Wolfgang Schwiedrzik, Frank Steckel und Peter Stein, „La vieille Dame indigne„(1965) von Rene Allio und „My name is Bertolt Brecht - Exil in USA“ (1988) von Norbert Bunge und Christine Fischer-Defoy. Auf der Ausstellung „Bertolt Brecht chez le Photographe“ werden vom 8. bis zum 20. Oktober die zweiunddreissig, vor einigen Jahren wiederentdeckten Porträtphotos von Brecht gezeigt, die 1927 von dem Augsburger Photographen Konrad Ressler aufgenommen wurden.

Mit der Berufung des Regisseurs Thomas Langhoff zum neuen Intendanten des Deutschen Theaters in Ost-Berlin ab Sommer nächsten Jahres beginnt abermals eine „Ära Langhoff“ an dem Theater in der Berliner Schumannstraße, das sich bis jetzt noch „Staatstheater der DDR“ nennt. Vater Wolfgang Langhoff, NS-Verfolgter und ins Exil getriebener Künstler und Kommunist prägte diese Bühne nicht unwesentlich von 1946 bis zu seinem unrühmlichen Abgang 1963: Langhoff Vater war politischen Intrigen zum Opfer gefallen. Hierüber immer noch empört, kündigte der Sohn eine kritische Aufarbeitung der jüngeren Geschichte des Deutschen Theaters an. Erfolg in Ost und West hatte Langhoff vor allem mit seiner Einrichtung von Volker Brauns „Übergangsgesellschaft“.

Die Filmschauspielerin Irene Dunne, die in den dreißiger und vierziger Jahren als die perfekte Lady des amerikanischen Films Ruhm errang, ist im Alter von 91 Jahren in Los Angeles an einem Herzversagen gestorben. Die ursprünglich als Sängerin ausgebildete Schauspielerin, die ihre Karriere auf verschiedenen Bühnen mit Operetten- und Musical-Rollen begann, war vor allem durch eine Reihe von Komödien bekannt geworden, darunter „The Awful Truth“ (1937) mit Cary Grant. Unter ihren 41 Filmen waren jedoch auch eine Reihe sentimentaler Dramen und mehrere Musicals. An der Seite von Rex Harrison spielte sie 1946 in „Anna and the King of Siam“ die standhafte britische Gouvernante. In ihrer letzten großen Filmrolle - „The Mudlark“ - verkörperte sie 1950 die britische Königin Victoria.

Die Kulturpolitiker aus den westdeutschen Städten werden nach Auffassung der Berliner Kultursenatorin Anke Martiny alles tun, um den KollegInnen aus den Städten der DDR zu helfen.

Auf einer gemeinsamen Tagung in Berlin von KulturdezernentInnen zahlreicher Städte aus beiden Teilen Deutschlands verwies die Senatorin am Freitag darauf, daß der Deutsche Städtetag und das Deutsche Institut für Urbanistik Initiativen ergriffen hätten. Den TagungsteilnehmerInnen lag eine Resolution vor, in der ausreichende finanzielle Förderung der Kultur in der DDR gefordert wird, bis dort eine tragfähige, föderal organisierte kulturelle Infrastruktur entstanden sei, die in den Ländern und Kommunen dann aus eigener Kraft entwickelt werden könnten.