»Widerstand, Widerstand, Widerstand!«

■ Was machen die Berliner, wenn die Bundeswehr sie ruft? Eine Blitzumfrage der taz vor Westberliner Schulen

West-Berlin. Wenn die Vorstellungen des Bonner Verteidigungsministeriums Wirklichkeit werden, dann müssen die Berliner Jungs zur Bundeswehr oder Zivildienst leisten. Und das schon im Frühjahr 1992. In einer Blitzumfrage vor Berliner Schulen wollte die taz von Schülern, Freundinnen und Müttern wissen: Sollen die Berliner zum Bund?

Jan, Schüler (18): Ich bin dagegen, zum Bund zu gehen. Wenn niemand einen Krieg anfängt oder einen führen kann, dann gibt es auch keinen Krieg. Deswegen sollten alle lieber zum Zivildienst, wenn es schon sein muß. Am liebsten wäre mir, Berlin würde weiter seinen Sonderstatus behalten.

Peter, Lehrer (26): Es ist keinem westdeutschen Ausbilder zuzumuten, eine Horde Berliner zum Dienst mit der Knarre zu erziehen. Generell sollte man alle Berliner in den nächsten zehn Jahren für den Ersatzdienst verpflichten.

Marcus, Schüler (18): Weil leider schon eine allgemeine Wehrpflicht eingeführt ist, muß ich auch dafür sein, daß Berlin nicht ausgenommen wird. Sonst wäre das ungerecht. Ich bin aber dafür, daß alle verweigern, zum Bund zu gehen, nicht nur die in Berlin. Zivildienst geht zur Not.

Peter, Schüler (19): Ich bin einfach gegen den Drill in der Bundeswehr, weil der einem noch nach zehn Jahren in den Knochen steckt. Als Berliner bin ich natürlich dagegen, daß wir auch zum Bund sollen. Obendrein zeigt ja die politische Entwicklung, daß wir überhaupt auf einen Militärdienst verzichten können. Ich mache Widerstand, weiß aber noch nicht, wie ich das machen soll.

Kolja, Schüler (18): Widerstand, Widerstand, Widerstand! Den Regierenden muß gezeigt werden, daß es nicht so einfach ist, so was ohne uns zu beschließen. Die Berliner sollten jetzt den Wessis vormachen, wie man im großen Stil total verweigert.

Thomas, Schüler (17): Ich will weder Ersatzdienst noch zum Bund. Ich kenne einen Orthopäden, der hat schon immer gemeint, daß ich einen krummen Rücken habe.

Stefan, Student (23): Ich komme aus Westdeutschland und habe Zivildienst gemacht. Man sollte sich dagegen wehren, sollte alle Möglichkeiten zur Verweigerung ausschöpfen.

Eine Mutter von zwei halbwüchsigen Söhnen: Ich bin Westdeutsche, bin extra nach Berlin gezogen, damit meine Kinder nicht zur Bundeswehr müssen, sondern sich frei entscheiden können. Es ist gerecht, daß Berlin in Zukunft den westdeutschen Städten gleichgesetzt ist. Jetzt müssen sie sich eben hier entscheiden.

Helge, Angestellter (26): Der Zivildienst ist eine sinnvolle Alternative zum Bund. Ich bin gegen eine Extrawurst für Berlin.

Nina, Schülerin (17): Wenn jetzt alles zusammenwächst, dann kann es einen Sonderstatus für Berlin nicht geben. Ich bin dafür, daß auch die Berliner Militärdienst schieben. Wenn gerade ein neuer Freund von mir in die Kaserne müßte, ja, dann hat er eben Pech gehabt.

Ein buntgesträhnter Punker: Geil sind die Pläne des Verteidigungsministeriums. Ich freue mich schon auf die Bundeswehr, da lernt man endlich Disziplin. Anschließend bin ich qualifiziert für die Fremdenlegion.

Achim, Souvenirverkäufer am Checkpoint Charlie (40): Zunächst hoffe ich, daß es mich nicht mehr erwischt, ich bin ja wegen dem drohenden Bund weiland nach Berlin gekommen. Jetzt hoffe ich, daß aus einer Verweigerungskampagne so was wie ein Berliner Freistaat wird. Bundeswehrmützen möchte ich nur auf meinem Verkaufsstand sehen. Interviews: Anita Kugler