: Der Lüge geziehen
■ Von MBB an den Irak gelieferte Hubschrauber sollen zur Vernichtung irakischer Kurden eingesetzt worden sein
Genf (taz) — Die Menschenrechtsorganisation „Gesellschaft für bedrohte Völker“ (GfbV) hat die Behauptung des Rüstungsunternehmens Messerschmidt-Bölko-Blohm (MBB), die von der Firma an den Irak verkauften Hubschrauber der Typen BO 105 und BK 117 seien vor der Lieferung nicht für militärische Zwecke umgerüstet worden, gestern als „Lüge“ zurückgewiesen. Die GfbV bleibt bei ihrem Vorwurf, der Irak habe von MBB gelieferte Hubschrauber im Golfkrieg gegen den Iran und bei der Vernichtung von rund 3.000 irakischen Kurden im August 1988 eingesetzt.
In ihrer gestrigen Erklärung stützt sich die GfbV auf Veröffentlichungen der letzten Jahre in 'FAZ‘, taz, 'Stern‘ und 'Spiegel‘. Danach bestätigte MBB bereits im August 1984, daß „einige“ der BO105-Hubschrauber bei der Madrider Firma Construcciones Aeronauticas SA (CASA) mit 20-Millimeter-Kanonen der Schweizer Firma Oehrlikon-Bührle ausgerüstet wurden. Gegenüber der GfbV räumte CASA auf Befragen ein, daß ihre Kampfhubschrauber-Abteilung, an der MBB beteiligt ist, den BK117 montiert und vertreibt.
Die GfbV widerspricht der MBB- Behauptung vom August 1984, sechs damals an den Irak gelieferte BK117 Hubschrauber hätten „keinerlei“ „genehmigungspflichtige Geräte“ enthalten. Tatsächlich, so die GfbV, habe die Wolfgang Wenzel GmbH, ein Ableger der Firma Denzel im österreichischen St. Pichling, im Auftrag von MBB in jeden der sechs Hubschrauber Kriegswaffen-kontrollpflichtige Geräte eingebaut.
Die so ausgerüsteten Helikopter seien ohne Genehmigung auf dem MBB-Gelände getestet worden. Anschließend seien die Geräte wieder ausgebaut und — ebenso wie die Helikopter — durch die Spedition Kühne & Nagel nach Pichling geschafft worden. Nach Wiedereinbau der Geräte in die Helikopter wurden diese nach Darstellung der GfbV am 31. Juli, 1.Oktober und 17. Dezember 1987 in den Irak geflogen.
Ihren Vorwurf, daß von MBB gelieferte Kampfhubschrauber im Golfkrieg gegen den Iran und bei der Vernichtung von rund 3.000 kurdischen Zivilpersonen im August 1988 in der irakischen Bazeh-Schlucht eingesetzt wurden, stützt die Organisation auf Aussagen der kurdischen Befreiungsbewegung. Seinerzeit seien die Hubschrauber „kontinuierlich von MBB-Technikern gewartet“ worden. Noch heute würden die Wartungsarbeiten durch MBB-Techniker im Irak durchgeführt. Eine eigens dazu konstruierte Hubschrauberwerkstatt werde augenblicklich durch fünf Ottobrunner Techniker aufgebaut. Zu einer Reaktion auf die jüngsten Vorwürfe sah sich MBB gestern nicht in der Lage. Andreas Zumach
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