: Winnie Mandela vor Gericht
Der Prozeß gegen die prominente Anti-Apartheid-Kämpferin, die in den Fall des „Fußballclubs“ verwickelt ist, schadet dem ANC/ Exekutivrat des ANC fordert Schutzmaßnahmen durch Regierung ■ Aus Johannesburg Hans Brandt
Winnie Mandela ist am Dienstag vom Staatsanwalt von Johannesburg der Entführung und KÖrperverletzung angeklagt worden. Es handelt sich bei der Anklage um die Entführung und spätere Ermordung des 14jährigen Aktivisten Stompie Seipei durch Mitglieder des „Mandela Fußballklubs“, die damals im Dezember 1988 als Winnie Mandelas Leibwächter fungierten. Der „Trainer“ des Fußballklubs, Jerry Richardson, war vor wenigen Wochen für den Mord zum Tode veruteilt worden. Winnie Mandela soll am Montag erstmals vor Gericht erscheinen. Sieben Mitglieder des „Fußballklubs“ werden sich zusammen mit ihr vor Gericht verantworten müssen.
Staatsanwalt Klaus von Lieres betonte am Dienstag, daß er die Anklage „nach sorgfältiger Erwägung aller relevanten Fakten“, erhoben habe. Das ist ein Hinweis auf die politische Brisanz des bevorstehenden Gerichtsverfahrens zu einer Zeit, da der Verhandlungsprozeß über eine friedliche Lösung für Südafrika sich wieder verkompliziert hat. Negative Schlagzeilen gegen Winnie Mandela werden zweifellos Nelson Mandela und dem ANC schaden.
Die Entführung der Jugendlichen aus einer Kirche in Soweto in das Haus von Winnie Mandela hatte Anfang 1989 zum Bruch zwischen Winnie Mandela und der Anti-Apartheid-Opposition in Südafrika geführt. In einer öffentlichen Erklärung hatten sich damals fast alle Oppositionssprecher von Winnie Mandela distanziert.
Seit Nelson Mandelas Freilassung im Februar dieses Jahres ist seine Frau wieder öfter in der Öffentlichkeit erschienen. Als die gelernte Sozialarbeiterin vor kurzem als Leiterin der ANC-Abteilung für Wohlfahrtsfragen angestellt wurde, protestierten verschiedene ANC-Mitglieder. Deshalb hat Winnie Mandela selbst wiederholt die schnelle Anklageerhebung gefordert, um sich vor Gericht verantworten zu können.
Die Anklage gegen Winnie Mandela hätte auch auf Beihilfe zum Mord lauten können. Im Laufe des Verfahrens gegen Richardson hatten Zeugen ausgesagt, daß die Frau des ANC-Führers bei mindestens einer Mißhandlung von Seipei zugegen war. Richardson wird noch gegen sein Todesurteil Widerspruch einlegen. Zudem werden zur Zeit in Südafrika keine Hinrichtungen vollstreckt, während die juristischen Grundlagen für die Verhängung der Todesstrafe revidiert werden.
Die ANC-Exekutive hat indessen am Dienstag in Johannesburg mit einer dringenden zweitägigen Sitzung zur Diskussion der jüngsten blutigen Kämpfe in und um Johannesburg begonnen. Dabei wird vor allem eine Reaktion auf neue Sicherheitsmaßnahmen erwartet, die am Wochenende von der Regierung verhängt wurden. Nelson Mandela warnte am Montag, daß die Exekutive Entscheidungen fällen könnte, „die fast alles, was seit [Beginn der Gespaeche mit der Regierung im] Mai dieses Jahres erreicht wurde, umkehren könnten“. Der ANC werde die Verhandlungen mit der Regierung zwar nicht aufgeben, um nicht in die Hände der „dritten Kraft“ zu spielen, die dem ANC zufolge die Kämpfe provoziert hat. „Aber wenn die Regierung ihrer Pflicht [zur Kontrolle der Kämpfe] nicht nachkommt“, sagte Mandela, „dann werden wir Maßnahmen erwägen müssen, um unsere Leute gegen diese kriminellen Angriffe zu verteidigen.“ ANC-Anhänger haben von ihrer Organisation Schußwaffen gefordert, um sich verteidigen zu können.
Die südafrikanische Polizei hat mit der Verhaftung des weißen Extremisten Piet „Skiet“ („Schieß“) Rudolph am Montag einen wichtigen Erfolg gegen militante ultrarechte Kreise erzielt. Rudolph, der sich seit einem halben Jahr im Untergrund befand, hatte sich zu verschiedenen Bombenanschlägen, vor allem gegen reformorientierte burische Institutionen, bekannt. Er war auch verantwortlich für den Diebstahl zahlreicher moderner Waffen aus dem Hauptquartier der südafrikanischen Luftwaffe im April. Sprecher ultrarechter Organisationen nannten Rudolph am Montag einen „burischen Freiheitskämpfer“ und forderten seine Freilassung.
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