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Grüne: Amnestie und Strafnachlaß zum dritten

Bonn (afp) — Für eine allgemeine Strafbefreiung zum Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober haben sich die Grünen eingesetzt. Darüber hinaus verlangten die Abgeordneten Christa Nickels und Gerald Häfner am Dienstag in Bonn eine Begnadigung der vielen „einfachen“ Gefangenen. Die Grünen wollen für die am Donnerstag vorgesehene abschließende Lesung des Einigungsvertrages eine entsprechende Entschließung einbringen.

Entschieden wandten sie sich weiter gegen die von der Bundesregierung angestrebte Amnestie für ehemalige Agenten des Staatssicherheitsdienstes. Damit habe sich die Bundesregierung „endgültig weit über die Grenzen des Erträglichen hinaus ins rechtspolitische Aus“ bewegt. In Wirklichkeit würden sich nur die einst verfeindeten „Apparate“ beider Seiten gegenseitig amnestieren. Gleichzeitig hielten Häfner und Nickels nachdrücklich an ihrem Gesetzentwurf zur Amnestie von „Friedensblockierern“ fest.

Sie forderten die Bundesregierung auf, einen allgemeinen Strafnachlaß für Strafgefangene in beiden deutschen Staaten zu vereinbaren. Der Gesetzentwurf sieht die Halbierung aller Geld- und Freiheitsstrafen sowie die Aussetzung aller Jugendhaftstrafen zur Bewährung vor. Ferner sollen alle Strafen und Ermittlungsverfahren aufgehoben werden, die im Zusammenhang mit Friedensdemonstrationen, Volkszählungsboykott, Werbung oder Unterstützung für eine kriminelle oder terroristische Vereinigung, Drogenbesitz geringer Mengen zum Eigenkonsum, Gotteslästerung sowie Schwangerschaftsabbruch stehen. Ausgenommen sind nach dem Entwurf Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie Morde und Sexualstraftaten, falls Wiederholungsgefahr besteht. Die Bundesrepublik habe ihre Rechtsgeschichte 1949 mit einer Generalamnestie begonnen, betonten die beiden Grünen. Die Vereinigung sei ebenfallls ein solches historisch bedeutendes Ereignis.

Für eine solche Amnestie haben sich außerdem fünfzig Persönlichkeiten aus beiden Teilen Deutschlands ausgesprochen. Einem Appell zufolge, der von der Evangelischen Studentengemeinschaft veröffentlicht wurde, heißt es, Deutschland könnte damit neben der äußeren auch „innere Souveränität“ beweisen, indem es jene, die für politisch motivierte Straftaten im Gefängnis sitzen, freilasse. Unterzeichnet ist der Appell unter anderem von Günter Grass, Christa Wolf, Stefan Hermlin und der Theologin Uta Ranke-Heinemann.

Bundesjustizminister Hans Engelhard (FDP) hat sich unterdessen für eine begrenzte Amnestie für ehemalige Agenten der DDR ausgesprochen, lehnt jedoch eine „Stasi-Amnestie“ ab.

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