Der Hungerstreik geht weiter!

■ Die Besetzer vermissen die Erfüllung ihrer Hauptforderungen/ Entspannte Atmosphäre

Der Hungerstreik der Besetzer in der Berliner Stasi-Zentrale wird fortgesetzt — das erklärten sie auf einer Pressekonferenz Dienstag mittag. Sie beklagen, daß sie bis jetzt nur über die Medien „diffuse Mitteilungen“ erhalten hätten, sich mithin kein Regierungsvertreter zu ihnen bemüht habe. Gut finden Bärbel Bohley, Reinhart Schult und ihre Freunde, daß die Akten dort bleiben, wo sie hingehören, daß ein DDR- Vertreter Beauftragter wird und ihm DDR-Hiwis zur Seite stehen, daß die Nachrichtendienste nun doch keinen Zugriff erhalten und daß die Betroffenen „sobald wie möglich Auskunftsrechte über ihre eigene Akte“ erhalten sollen. Schlecht finden sie, daß unklar bleibt, ob das Recht auf „freie Akteneinsicht“ gewährleistet ist. Für sehr schlecht aber halten sie, daß nicht auch explizit dem Verfassungsschutz der Griff nach den Akten verwehrt wird. Denn der begreife sich nicht als Nachrichtendienst. Den Ausschlag fürs Weiterhungern gab aber, daß die beiden Hauptforderungen nicht erfüllt worden sind „das Volkskammergesetz vom 24. August über den Umgang mit den Stasi- Akten wurde nicht ohne Abstriche Bestandteil des großen Vertrages und die bespitzelten Bürger haben keine Möglichkeit, über ihr vom Stasi angelegtes Dossier selbst zu entscheiden“. Die Besetzer klagen schließlich die DDR-Behörden an, nach wie vor hinzunehmen, daß 80 ehemalige Stasi-Leute im Zentralarchiv mit den Akten hantieren und unkontrolliert „das Objekt“ verlassen können. Auch stört sie die Spitzenpolitiker-Karriere vieler ehemaliger Stasi-Mitarbeiter. Als Ohrfeige für die Betroffenen empfinden sie die Weigerung, das Rehabilitierungsgesetz zum Bestandteil des Einigungsvertrages zu machen.

Die knapp 30 Besetzer sind guter Dinge, obwohl ihnen das warme Wasser für die Dusche abgedreht wurde. „Wir sollen in der Öffentlichkeit als störrische Kinder hingestellt werden“, erklärte Hans Schwenke für die Besetzer, „aber unsere Positionen werden unterstützt — selbst von der Polizei“. Die fühlt sich laut Schwenke selbst als Opfer der Verschleierungsmanöver ihrer Führung. „Jetzt kann jeder jeden verleumden. Öffnen wir die Akten, und die vergiftete Atmosphäre wäre mit einem Schlag wieder sauber.“ Die Besetzerkollegen klatschen und der Leierkastenmann spielt dazu. C.S.