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Lukanow muß allein regieren

■ Opposition verweigert große Koalition/ Katastrophenszenario/ Streikmoratorium im Gespräch

Sofia (afp/taz) — Das bulgarische Parlament hat am Mittwoch den bisherigen Ministerpräsidenten, den Wirtschaftsfachmann und „gewendeten“ Sozialisten Andrej Lukanow, in seinem Amt bestätigt. 234 Abgeordnete stimmten für, 104 gegen Lukanow; 28 enthielten sich der Stimme. Der alte und neue Regierungschef hat damit nicht nur die Stimmen der Sozialistischen Partei, die über die absolute Mehrheit verfügt, erhalten, sondern auch eine Reihe von Stimmen aus dem oppositionellen Lager der „Union Demokratischer Kräfte“ (UDK). Bis zuletzt hatte die UDK dem Werben Lukanows widerstanden, eine „Koalition der nationalen Eintracht“ zu bilden. Sie war von ihrer Forderung nicht abgegangen, daß niemand Regierungsmitglied sein dürfe, der unter Schiwkow in Rang und Würden gewesen sei — Lukanow selbst hatte dem Ancien regime als Außenhandelsminister gedient. Ihm blieb nun nichts übrig, als eine Einparteienregierung zuzüglich dreier Parteiloser vorzustellen.

Der Ministerpräsident entwarf — nicht zum ersten Mal — für Bulgarien ein Katastrophenszenario. Er warnte die Opposition, daß die Schuldigen nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch in der Gegenwart gesucht werden würden, und warf ihr vor, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Die Opposition konterte, Lukanow habe nichts zu bieten außer gescheiterten Konzepten, und empfahl der SP-Regierung, das Oppositionsprogramm einer radikalen Beschleunigung beim Übergang zur Marktwirtschaft zu übernehmen.

Die neue/alte Regierung will die Subventionen einschränken, die Preise freigeben, die Mehrwertsteuer und eine progressive Einkommensteuer einführen und rasch privatisieren. Andererseits will sie die Arbeitslosigkeit eindämmen und die Löhne an die steigenden Preise angleichen. Letztere Maßnahmen scheint sie selbst als nicht durchführbar zu erachten, denn Lukanow schlug für den Herbst und Winter ein Streikmoratorium vor. Ob die Bulgaren damit einverstanden sein werden stillzuhalten, muß bezweifelt werden. In den letzten Tagen ist der Benzinpreis verdoppelt worden, minimal 7 Stunden wartet man vor den Zapfsäulen. Bulgarien, „das vergessene Opfer des Irak-Embargos“, leidet schwer am Ausfall der Öllieferungen, mit denen Saddam bisher seine Schulden in Höhe von 1,3 Mrd. Dollar beglich. Schon jetzt gibt es Engpässe in der Stromversorgung, und für den Winter werden „rumänische Zustände“ in den Wohnungen der Bulgaren befürchtet. C.S.

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