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ANC will schwarze „Einheitsfront“ in Südafrika

Mandela zu Treffen mit Buthelezi bereit/ Differenzen zwischen ANC und Stammesführern sollen überwunden werden/ Enttäuschung über Polizeimaßnahmen der Regierung/ Ab nächste Woche nächtliche Ausgangssperren in Schwarzensiedlungen  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

Die ANC-Exekutive hat am Donnerstag abend nach einer dreitägigen Krisensitzung jüngste Regierungsmaßnahmen zur Kontrolle von Gewalt in schwarzen Wohngebieten scharf angegriffen. Damit steigen die Spannungen zwischen dem Afrikanischen Nationalkongress (ANC) und der südafrikanischen Regierung weiter. Aber die Chancen für eine Beilegung der Konflikte zwischen dem ANC und der Zulu-Organisation Inkatha steigen. Die ANC-Exekutive hat zu einem Treffen mit allen Führern der Reservate für Schwarze, die sogenannten „Homelands“, aufgerufen, um über die Gewalt der letzten Wochen zu sprechen. Der Zulu- Häuptling und Inkatha-Führer Mangosuthu Buthelezi wurde ausdrücklich dazu aufgefordert, an diesem Treffen teilzunehmen. Und Nelson Mandela hat am Freitag betont, daß er mit Buthelezi zusammentreffen will.

„Er ist und bleibt mein Freund“, sagte der ANC-Vizepräsident über den Inkatha-Chef. „Er hat mir erhebliche Unterstützung gegeben, während ich im Gefängnis war und hat meine Freilassung gefordert.“ Seit Mitte August haben Kämpfe in schwarzen Wohngebieten rund um Johannesburg, oft zwischen ANC- Anhängern und Inkatha-Sympathisanten, mehr als 750 Menschenleben gefordert. Verschiedene Organisationen, darunter die südafrikanische Regierung, haben in letzter Zeit wierderholt zu einem Treffen zwischen Mandela und Buthelezi aufgerufen, so daß beide gemeinsam ein Ende der Kämpfe fordern können.

Mit dem Zusammentreffen zwischen Mandela und Buthelezi im Kreis der Homeland-Führer schlägt der ANC nun offenbar eine Kompromißlösung vor. Denn der ANC hatte ein solches Treffen bisher vermieden und dem Zulu-Führer vorgeworfen, durch den massiven Einsatz von Inkatha-Schlägertrupps ein Treffen mit Mandela erzwingen zu wollen, um so sein schwindendes politisches Ansehen aufbessern zu können. Statt dessen hatte der ANC vorbereitende Begegnungen mit der Inkatha auf unterer Ebene vorgeschlagen. Ein erstes derartiges Treffen zwischen Mitgliedern der ANC-Exekutive und des Inkatha-Zentralkomitees hatte am Mittwoch stattgefunden.

Die neue Initiative soll nach den Vorstellungen des ANC nun zu einer Einheitsfront aller Schwarzen gegen die derzeitige Regierung führen. Denn der ANC wirft der Regierung de Klerk vor, nach wie vor ausschließlich im Interesse der Weißen aufzutreten. „Die Regierung hat eine zweischneidige Strategie“, heißt es in der Erklärung der ANC-Exekutive, „die einerseits die Notwendigkeit von Verhandlungen zur Lösung der Probleme des Landes akzeptiert, aber andererseits Methoden entwickelt, um den ANC und andere demokratische Gruppen zu schwächen.“

Der ANC wirft der Regierung vor, die Gewalt in schwarzen Wohngebieten zugelassen zu haben, und damit „ein Klima der Unsicherheit, Angst und des Terrors zu schaffen, um so eine entscheidende Mehrheit der Bevölkerung für ein autoritäres Regime zu gewinnen“.

Die Regierung hat die Kritik des ANC an den „Eiserne Faust“ genannten Sicherheitsmaßnahmen zurückgewiesen. Am Donnerstag wurden die ersten Wohnheime für Wanderarbeiter von der Polizei mit Stacheldraht umzäunt, um den Zugang zu den Heimen kontrollieren zu können. Und ab nächster Woche sollen in verschiedenen schwarzen Wohngebieten bei Johannesburg von 21 bis 4 Uhr Ausgangssperren gelten.

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