Neue schwere Vorwürfe gegen MBB

■ 'Spiegel‘: Bayerische Waffenschmiede hat den Irak massiv aufgerüstet/ Bombe mit Sprengkraft einer kleinen Atombombe kam über Umweg Ägypten nach Bagdad/ Auch Frankreich gut im Geschäft

Berlin (taz) — Nach jüngsten Informationen des 'Spiegel‘ soll der bayerische Rüstungskonzern Messerschmidt-Bölkow-Blohm (MBB) den Irak in den 80er Jahren massiv aufgerüstet haben. So habe das Unternehmen unter anderem eine Bombe entwickelt und verkauft, deren Druckwelle einem kleinen Atomsprengsatz vergleichbar sein soll. Die Bombe sei für Ägypten bestimmt gewesen, MBB habe Blaupausen und Testunterlagen komplett nach Kairo geliefert. Von dort seien die Unterlagen nach Bagdad weitergegeben worden — wo man unverzüglich mit dem Bau der gefährlichen Waffe begonnen habe. Laut 'Spiegel‘ wußte MBB nichts über die Weitergabe der Akten und sei bereits 1988 aus dem Geschäft ausgestiegen. Irak sei als erstes Land der Dritten Welt im Besitz dieser Bombe. Von dem deutschen Rüstungsriesen habe Bagdad aber auch in anderer Hinsicht profitiert. So soll MBB über das deutsch-französische Unternehmen „Euro-Missile“ fast 10.000 Panzerabwehrraketen und Raketenwerfer der Systeme „Milan“ und „Hot“ sowie 1.050 Raketen des Luftabwehrsystems „Roland“ an den Irak geliefert haben.

MBB kommt wegen der jüngsten Enthüllungen über Geschäfte mit dem Irak nicht zum ersten Mal ins Gerede. Zuletzt ging es um die Lieferung von Hubschraubern. Der bayerische Rüstungskonzern beteuert, lediglich Rettungshubschrauber an Saddam Hussein verkauft zu haben. Verschiedene Hinweise deuten jedoch darauf hin, daß die betreffenden Helikopter in Drittländern für ihre eigentliche, militärische Nutzung ausgerüstet wurden.

Für Verstimmung vor allem in den USA sorgen Neuigkeiten über die Giftgas-Connection zwischen bundesdeutschen Firmen und dem Irak.

So berichtet der 'Spiegel‘, daß der Bundesnachrichtendienst (BND) die Amerikaner jetzt über das Gutachten eines Schweizer Wissenschaftlers unterrichten mußte, das sich mit der Produktion von Blausäure in den irakischen Giftgasfabriken befaßt, die von deutschen Firmen geliefert worden sind. Die hochkonzentrierte Blausäure könne die Filter von Gasmasken zerstören, heißt es. Die Militärs nehmen diesen Verdacht offenbar sehr ernst: Amerikaner und Briten haben bereits damit begonnen, ihre ABC-Schutzausrüstung gegen das Blausäurekonzentrat nachzurüsten.

Neben der deutschen Rüstungsindustrie seien auch französische Unternehmen gut im Irak-Geschäft. So hätten 17 Rüstungsschmieden, darunter zahlreiche Staatskonzerne, mit Billigung der Regierung in Paris allein im letzten Jahrzehnt Waffen für mehr als fünf Milliarden Dollar an Saddam Hussein verkauft. Besonders delikat seien 140 Lieferungen von angereichertem Uran, die „Technicatome“ für Iraks Atomprogramm geleistet habe. ak