: Diestel dementiert: „Habe den Stasi-Ausschuß nie behindert“
■ Diestel-Erklärung vor der Volkskammerdebatte am Freitag über die Stasi-Auflösung
Berlin (ap/taz) — DDR-Innenminister Peter-Michael Diestel hat den Vorwurf zurückgewiesen, er habe die Arbeit des Ausschusses der Volkskammer zur Überprüfung eventueller Kontakte von Abgeordneten mit dem Staatssicherheitsdienst behindert. Diestels Ministerium räumte in einer Presseerklärung am Dienstag aber ein, daß die Akteneinsicht für den Ausschuß im Juni einen Tag lang unterbrochen gewesen sei. Nach Angaben des Innenministeriums wollte der Ausschußvorsitzende, Dankward Brinksmeier, Akten aus Bezirksarchiven in einem Auto „ohne zusätzliche Sicherung“ nach Berlin bringen. Dafür habe es aber keine gesetzliche Grundlage gegeben, weil nur Einsicht in Akten, nicht aber ihr Transport geregelt gewesen sei.
In einer Dokumentation zur Auflösung der Stasi-Strukturen verwahrte Diestels Ministerium sich dagegen, jemals versucht zu haben, Fakten und Vorgänge im Zusammenhang mit der Stasi zu verschleiern. Die Faktensammlung des Ministeriums brandmarkt den früheren Schnüffelapparat als „das am besten organisierte Geheimdienstsystem der Welt“ mit gigantischen Ausmaßen und mit etwa 85.000 hauptamtlichen Mitarbeitern. Den Angaben zufolge verschlang das Ministerium für Staatssicherheit in den letzten Jahren der SED-Herrschaft durchschnittlich mehr als vier Milliarden Mark pro Jahr. Über die Hälfte dieser Mittel aus dem Staatshaushalt hätten zur Deckung der Personalkosten gedient.
Zu den kürzlich enttarnten „Offizieren im besonderen Einsatz“ (OibE) der Stasi heißt es in der Dokumentation, Diestel habe erst am 7.September eine Liste mit den Namen solcher Offiziere in seinem Ministerium vorgelegen. Am 27. Juni war der Minister allerdings über Einsatz und Maßnahmen des Sonderausschusses zur OibE-Problematik informiert worden. Nach Veröffentlichung einzelner Fälle waren im September OibE im Bereich des Innenministeriums entlassen oder beurlaubt worden. Diesel selbst, so stellt das Innenministerium fest, sei niemals Mitarbeiter der Stasi gewesen.
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