Von der „Soll-Frau“ zur „Ist-Frau“

■ Angestelltenkammer-Projekt „Weibliche Identität“

Alle haben ihre Vorstellungen davon, wie „die Frau“ heute sein soll: die Werbung, die Politik, die Medizin. Daß diese „Soll-Frau“ an der „Ist-Frau“ häufig völlig vorbeigeht, ihr sogar gewaltsam übergestülpt wird, ist Thema des Projektes „Weibliche Identität“ der Angestelltenkammer Bremen (AK).

Den Start bilden zwei Vorträge und eine Ausstellung. „Jenseits der Gleichberechtigung“ hat Gisela Anna Erler, Sozialwissenschaftlerin am Deutschen Jugendinstitut in München, ihren Vortrag betitelt (3. Oktober, 20 Uhr im Kultursaal der AK). Erlers Ausgangsposition: die Sprech- und Wahrnehmungsweisen von Frauen und deren biographische Schwerpunktsetzungen dürfen nicht länger „offen oder verdeckt als Normabweichungen definiert werden.“ Weder Politik, noch Frauenbewegung dürften von einem konstruierten Frauenbild ausgehen, sondern müßten an den konkreten Lebensbedingungen von Frauen anknüpfen, fordert Erler. Daraus folgen für sie unter anderem veränderte Strukturen im Berufsleben und neue Wahrnehmungen in der Stadtplanung.

Das Mißverhältnis zwischen „Soll-Frau“ und „Ist-Frau“ in der Gynäkologie reflektiert die Sozialwissenschaftlerin Iris Bleyer- Rex in ihrem Vortrag „Weiblichkeit als Krankheit? Über den Umgang der Medizin mit den Wechseljahren“ (10. Okt., 20 Uhr, Kultursaal der AK). In den letzten 25 Jahren habe es „eine brisante Entwicklung gegeben, mit sehr problematischen Auswirkungen auf Frauen“, stellt Bleyer-Rex fest: „Waren die Wechseljahre für unsere Mütter noch ein Tabu, das sie schamhaft verschwiegen, werden sie heute zwar öffentlich diskutiert, aber zugleich zu einer Krankheit gemacht.“ Als Ausgangspunkt dieser Entwicklung bezeichnet sie ein vor 25 Jahren in den USA erschienenes Buch „Weiblich für immer“, in dem die Verschiebung des Klimakteriums durch Hormone propagiert wird.

Direktes Ergebnis von Bildungsseminaren mit Frauen, von denen die AK jährlich in Bremen und Bremerhaven etwa 2o duchführt, ist die Austellung „Konkurrenz und Solidarität unter Frauen“, die vom 24. Oktober bis zum 9. November im Foyer der AK gezeigt wird. Mit Fotos und Collagen haben Teilnehmerinnen und Kursleiterinnen zum Konkurrenzverhalten unter Frauen und dessen Abbau Stellung genommen.

Seit 14 Jahren führt die AK neben zahlreichen beruflichen Qualifizierungskursen gezielt Bildungsseminare für Frauen durch. Der Stellenwert dieser Arbeit hat sich laut Ulrike Buchner, der einzigen Frau im AK-Vorstand, langsam erhöht. Deshalb wolle man jetzt mit dem Projekt „Weibliche Identität“, das im kommenden Jahr fortgesetzt werden soll, „frauenpolitisch in der Öffentlichkeit Profil zeigen“. asp