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Offener Brief an Bundesaußenminister Genscher, Bonn

an Bundesaußenminister Genscher, Bonn

Sehr geehrter Herr Genscher, wenn ich abends meinen kleinen Sohn ins Bett bringe, denke ich oft daran, was die Eltern im Irak, in Kuwait und den angrenzenden Ländern wohl empfinden, wenn sie ihre Kinder in diesen Tagen zum Schlafen bringen. Sie können ihre Kinder nicht schützen, wenn Bomben fallen oder Giftgas in ihre Wohnungen kriecht. Im Krieg würde am schlimmsten die Zivilbevölkerung betroffen sein. Menschen müßten sterben, die nie einen Krieg gewollt haben. Um jeden dieser Menschen habe ich Angst.

Es gibt viele gute Gründe, gegen die sogenannte „militärische Lösung“, die keine Lösung sein kann — nur eine Katastrophe.

1.Von dem kleinen Land Kuwait, um das es ja wohl auch geht, würde nach einem Krieg nicht mehr viel übrig sein. Die Scheichfamilie könnte nur noch auf einen großen Friedhof zurückkehren.

2.Warum sollten die westlichen Demokratien einen Krieg führen, um in Kuwait wieder eine Herrscherfamilie einzusetzen?

3.Ökologisch wäre ein Krieg eine Katastrophe für unseren Planeten. Verursacht schon der Aufmarsch am Golf große Umweltschäden, so wäre ein Krieg mit sinnloser Vernichtung von Rohstoffen, zum Beispiel brennende Ölfelder und einhergehender Zuspitzung des Treibhauseffektes, schlicht ein Wahnsinn.

Wie könnte eine Lösung des Konfliktes aussehen, die beiden Seiten ermöglicht zuzustimmen?

Die Iraker verlassen Kuwait. Die westlichen Armeen ziehen aus Saudi-Arabien ab. Kuwait wird unter UNO-Aufsicht gestellt. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Öl wandern in einen Fonds, aus dem arme, arabische Länder Unterstützung erhalten. Schließlich bestimmen die Menschen in Kuwait durch demokratische Wahlen ihre Regierung selbst.

Ich bitte Sie, Herr Genscher, eine Verhandlungsinitiative zu starten. Wenn Sie sagen, daß in Zukunft von deutschem Boden nur noch Frieden ausgehen soll, ist dies ein historischer Augenbick, der erklärten Absicht Taten folgen zu lassen und unseren ganzen Einfluß, unsere ganze Kraft für eine friedliche Zukunft einzusetzen. Matthias Scheel, Mülheim/Ruhr

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