: Es piept in der Eishalle
■ Große Vogelschau mit schlafenden Eulen und balzenden Amazonen
Molukkenkakadu „Coco“, eine lachsrosa Schönheit mit keckem Schnabelwerk, kommt noch nicht so richtig klar mit der neuen Umgebung. Inmitten von fast 800 MitvögelInnen fühlt Coco sich einsam in der noch kahlen Eislaufhalle, in der vorgestern und gestern in Tag-und Nachtarbeit „die größte Vogelausstellung Norddeutschlands“ aufgebaut worden ist. Da hilft es auch nichts, daß ihr die sprechenden Beos von gegenüber ein aufmunterndes „Guten Morgen“ rüberpfeifen.
Zwei heimische Störche aus dem Tiergarten Goldenstedt ignorieren die exotische Aufregung und inspizieren seelenruhig ihr neues Gehege — mit Miniteich. Waldkauz und Schleiereule lassen sich vom Geträller und Gepfeife aufgeregter Kanaris und Prachtfinken schon gar nicht aus der Ruhe bringen. Sie heben nur gelegentlich schläfrig die dicken Augenlider, um sie sogleich wieder zuzuklappen: zum Gähnen, das Ganze! Absolut nichts spüren diese von der knisternden erotischen Spannung nur zwei Vollieren weiter. Zwei Gelbwangenamazonen, beide gleich gelbgrün gefiedert, aber unterschiedlicher Herkunft, haben von den Ausstellern ein gemeinsames Quartier zugewiesen bekommen — zwecks Paarungsanbahnung. Großes wird von ihnen erwartet. Aber noch hackt sie ihn, oder hackt er sie?
Doch Arnold Mahlstedt, Vorsitzender der „Bremer Vogelliebhaber e.V.“, ist guten Mutes, denn der Computer kann nicht irren. Auch Vogelehen werden heutzutage nicht mehr im Himmel, sondern per Computervermittlung geschlossen. Bundesweit, manchmal sogar weltweit, wird für die Zuchttiere zur „Blutauffrischung“ die ideale Partnerin gesucht.
Der große Aufwand dient nicht nur dem Züchterstolz, sondern auch der Arterhaltung seltener Piepmätze, erklärt Mahlstedt, für den der Vogelschutz „mein Lebensinhalt“ ist, seit er als Sechsjähriger mit dem Vater Tauben züchtete. Der Bremer Verein unterstützt den Internationalen Rat für Vogelschutz, und da werden nicht nur seltene Arten nachgezüchtet, sondern auch „ausgewildert“. Das geht aber nur, wenn entsprechende Lebensräume zur Verfügung stehen. Dafür kaufen die internationalen Vogelzüchter Ländereien auf und „renaturieren“ sie, wie zum Beispiel in Südamerika, wo eine aussterbende Amazonenart „ausgewildert“ wurde — mit Spendengeldern des Bremer Vereins.
In Bremen und Umzu arbeiten die Vogelliebhaber zum Beispiel mit dem BUND bei der Renaturierung der Wümmewiesen zusammen, hängen auf Bremer Friedhöfen Nistkästen auf, pflanzen in Bremen-Ost vogelfreundliche Gehölze an und bauen auch schon mal einem Altenheim eine Vogelvoliere.
Nicht nur hunderte von Vögeln, auch Vogeleier vom Kolibri bis zum Strauss, Vogelbriefmarken und die Original-Versuchsanordnung für die Erforschung der Mendelschen Verererbungslehre an Wellensittichen durch einen Bremer Studienrat im Jahr 1926 sind am Samstag und Sonntag von 9 bis 17 Uhr zu bestaunen. asp
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