: Die CDU führt die Stasi-Liste an
■ Die informellen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit unter den Ministern und Abgeordneten in der Volkskammer
Berlin (taz) — Unter den Abgeordneten der Volkskammer, die vom entsprechenden Prüfungsausschuß als inoffizielle Mitarbeiter der Stasi aufgespürt wurden, liegt die ehemalige Blockpartei CDU in einsamer Führung. Insgesamt und ohne Berücksichtigung der verschiedenen Kategorien der Verstrickung ergibt sich hinsichtlich der Stasi-Mitarbeit von Ministern und Abgeordneten hinsichtlich ihrer Parteizugehörigkeit folgendes Bild: 35 CDU, 11 FDP, 11 PDS und zwei von der Grünen Partei. Da der taz mit Ausnahme der bereits bekannten Namen der Kategorie 1 nur eine akustische Mitschrift vorliegt und es in einzelnen Fällen zu Unklarheiten kam, geben wir im Folgenden bei den anderen Kategorien lediglich die Parteizugehörigkeiten wieder.
Kategorie 1
Die Abgeordneten, bei denen sich der Verdacht als informeller Mitarbeiter bestätigt. Der Prüfungsausschuß spricht nach Akteneinsicht eine dringende Empfehlung zur sofortigen Mandatsniederlegung aus.
Bauminister Axel Viehweger (FDP), Umweltminister Karl-Hermann Steinberg (CDU), Verwaltungsminister Manfred Preiß (FDP), die Abgeordneten Rudolf Essler (CDU), Dieter Frönicke (CDU), Armin Kleinau (CDU), Harald Dietrich Kühne (CDU), Dietmar Schicke (FDP), Jochen Steinecke (FDP), Manfred Naumann (SPD), Hans Watzek (SPD, früher DBD), Horst Kober (PDS), Peter Stadermann (PDS), Gisela Voigt (PDS).
Kategorie 2
Der Verdacht als informeller Mitarbeiter hat sich bestätigt, und der Abgeordnete hat bereits sein Mandat niedergelegt.
Wirtschaftsminister Gerhard Pohl (CDU) und der Abgeordnete Hans Jürger Hahn (PDS)
Kategorie 3
Verdacht laut Karteikarte bestätigt; Akteneinsicht war wegen Nichtanwesenheit der Person des Vertrauens nicht möglich.
Jeweils ein Abgeordneter der SPD und einer der FDP. Zwei weitere, der CDU zugehörige Abgeordnete, die zuvor bereits offiziell entlastet wurden, sind hier ebenfalls aufgeführt. Es handelt sich um Verteidigungsminister Rainer Eppelmann und den Minister im Amt des Ministerpräsidenten, Klaus Reichenbach.
Kategorie 4
Verdacht bestätigt, die Akten sind vernichtet, nicht auffindbar oder unvollständig. Empfehlung kann nicht ausgesprochen werden.
13 Abgeordnete der CDU, vier der FDP, einer der SPD, drei der PDS.
Kategorie 5
Wegen fehlender Bereitschaftserklärung war eine Überprüfung durch den Prüfungsausschuß nicht möglich.
Neun CDU-Abgeordnete, deren Namen nicht bekannt sind, da die entsprechenden Protokolle nicht mehr existieren. Die Volkskammer beschloß deshalb, daß sämtliche „Karten“ der CDU-Fraktion in der Normannenstraße „gezogen“ und das Ergebnis am 2. Oktober bekannt gegeben werden soll.
Kategorie 6
Der Abgeordnete ist in der Stasi-Kartei eingetragen, aber es gibt keine ausreichenden Gründe für die Empfehlung, das Mandat niederzulegen.
Sechs Abgeordnete der CDU, zwei der FDP, zwei der SPD, zwei der Grünen Partei, vier der PDS.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen