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Zustimmung in allen politischen Lagern

■ Die eigentlichen Verlierer der Klage präsentierten sich sofort nach Verkündung des Urteils als Sieger

Als „schallende Ohrfeige“ für die „wahltaktischen Spielereien der SPD in Ost und West bezeichnete DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière den Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts. Sein Ziel, so der amtierende erste Mann der Noch-DDR, sei es von Anfang an gewesen, bei der anstehenden Wahl Chancengleichheit zu sichern, um so auch im gesamtdeutschen Parlament den Bewegungen des Herbstes ein Mitspracherecht zu gewährleisten.

Auch bei anderen DDR-Politikern fand das Urteil ein positives Echo. PDS-Vorsitzender Gregor Gysi betonte, das Urteil zeige, daß „es sich lohnt, zu kämpfen“. Konrad Weiß von der Volkskammerfraktion Bündnis 90/Grüne sieht darin eine „Stärkung für die kleinen, nach dem Herbst enstandenen Vereinigungen und Parteien“. Es dämpft schon etwas den „Übermut der großen Parteien“.

Die Grünen im Bundestag begrüßten das Urteil von Karlsruhe als „Meilenstein in der Rechtsgeschichte“ der Bundesrepublik. Durch die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der einheitlichen Fünfprozentklausel und der „Lex DSU“ habe das Gericht „dem Übermut der herrschenden Parteien einen Dämpfer verpaßt“. Auch auf dem FDP-Parteitag in Nürnberg hat die Entscheidung einhellige Unterstützung gefunden. Lediglich Vorstandsmitglied Burkhard Hirsch kritisierte, daß die Liberalen ein Wahlrecht mitbeschlossen hatten, das nun wegen Verletzung der Chancengleichheit vom Verfassungsgericht wieder aufgehoben werde.

Die Bonner CDU hat es schon immer gewußt. Insbesondere Bundesinnenminister Schäuble unterstrich, er habe die Ansicht, daß die Sperrklausel nur getrennt angewendet werden dürfe, „immer vertreten“. SPD-Vorsitzender Vogel erwiderte auf die Frage, ob denn das Urteil ihn aufgrund der Tatsache, daß es immerhin in der Hauptsache die Sozialdemokraten gewesen seien, die auf die einheitliche Fünfprozentklausel bestanden hätten, nicht beschäme, dazu sehe er keinen Grund. Schließlich trügen alle vier Fraktionen die Verantwortung für das verabschiedete Wahlgesetz. dpa/taz

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