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■ Den Zeitpunkt nutzen!
Ab dem 3.Oktober 1990 trete ich in einen unbefristeten Hungerstreik. Das Amnestiebegehren ist in eine Phase getreten, in der nur noch um das Für und Wider einer Amnestie für geheimdienstliche Tätigkeiten, ausgehend vom Exterritorium der DDR, gestritten wird.
Obschon ich persönlich von dem ganzen Wiedervereinigungszirkus nichts halte, ist es zu diesem Anlaß angebracht, einige Schritte in Richtung inneren Frieden zu tun. Da unsere omnipotenten Kapitalismusoberen nur zu gerne ihre kriminalisierten Gegner vergessen, hier meine Forderung: Freilassung aller Startbahngegner, AKW-Gegner, Blockierer vor den Atom- Vernichtungs-Lagern, RAFler, die ihre gewalttätigen Aktionen aufgeben und ihre Nutzlosigkeit einsehen, aller Volkszählungsboykottierer sowie die Einstellung sämtlicher laufender Verfahren aller Täter von Kleindelikten mit einer Verurteilungshöhe von bis zu sechs Monaten, aller BTM-Konsumenten, die nur für dieses Delikt inhaftiert wurden, aller, ausnahmslos Aids-Infizierten und nicht nur die, die bereits im fortgeschrittenen Krankheitsstadium sind. Verkürzung der Haftstrafen von bereits inhaftierten und verurteilten Langstrafern, die ab fünf Jahren abzusitzen haben, Entlassung aller Langstrafer, die „nur“ noch bis zu sechs Monate abzusitzen haben, eingerechnet 1/2 oder 2/3 Strafzeitpunkt. Überprüfung aller RichterInnen, die unverhältnismäßig hohe Strafen verhängen und gegen die überdurchschnittlich häufig Beschwerden geschrieben werden.
Für mich selbst erwarte ich nichts. Mir geht es nur darum, daß ich ein Beispiel gebe: Dieser Zeitpunkt darf nicht ungenutzt verstreichen. Die gewählten herrschenden Adrenalinfreaks warten nur darauf, daß zum 3.Oktober in den Knästen Unruhe herrscht: so können neue restriktive Maßnahmen gerechtfertigt werden, und ein Amnestiebegehren unter den Tisch fallengelassen werden, daß sehr wichtig gewesen wäre. Lassen wir es nicht dazu kommen! Ein Gefangener aus Moabit
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