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Von der Neinsager- zur Jeinsagerpartei

■ betr.: "Wir sind und bleiben Oppositionspartei", taz vom 21.9.90

betr.: „Wir sind und bleiben Oppositionspartei“, taz vom 21.9.90

Hervorgelockt durch den neuen „Hoffnungsträger PDS, besinnt sich die GAL darauf, daß Opposition auch einmal ihr Kampftitel gewesen ist. „Kritische Stimme in den Parlamenten und in der Gesellschaft“ zu sein, vernimmt sie nicht aus den Mündern eigener Reihen, sondern dem Rest einer Partei, die nicht umstandslos für das neue Deutschland eintreten will. Das könnte einem als Grünen zu denken geben — als Bilanz einer achtjährigen Oppositionsparteiengeschichte.

Daß man davon wenig bis nichts vernimmt, wundert angesichts der Fortschritte dieser Parei niemand. Zugegeben, der Weg des Pragmatismus, das Beharren auf Berücksichtigung bis hin zur Glaubwürdigungsfrage — den erbrachten Beweis der „politischen Reife“ —, ist innerparteilich hart erstritten worden. Von der Neinsager- zur Jeinsagerpartei.

Verpaßt hat sie bei diesem Lernprozeß, daß die etablierten Parteien diesen schon längst hinter sich gelassen haben und ihre Kampftitel wie „Umwelt, Atom, Mensch und Natur“ von rechts eingeholt wurden. Linke Grüne, die Schwierigkeiten mit dem Lernprozeß haben, entdecken ihre Chance für die Bewahrung sozialistischer Utopie in dem neuen Hoffnungsträger PDS.

[...] In einer Hinsicht können sich die Grünen schon über den „neuen Stern“ aus dem Osten ärgern — Erfinder des dritten Weges waren schließlich sie. Auch wenn das Kind bei ihnen einen anderen Namen hatte. Um Marktwirtschaft mit sozialistischem Antlitz ging es ihr schon immer. Besonders trübsinnig brauchen sie darüber auch nicht zu werden, bestehen doch berechtigte Hoffnungen, daß die Linke Liste/PDS in Realos und Fundis gespalten ist, bevor sie sich überhaupt zur Wahl stellt. Im „Kampf“ um den dritten Weg sind die Grünen der PDS immerhin um acht Jahre voraus. Vielleicht sogar bald mit einem „Grünen-Oppositionsparteibonus“. B. Pastuschka

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