piwik no script img

Mehl Art? Male Art? Mail Art!

■ "Kunst braucht Raum" / BBK-Aktion: Kunst kommt per Post ins Haus

hierhin bitte

das Bild

mit dem Rahmen

als Päckchen

Diese Kunstaktion hätte auch der PR-Abteilung der Post einfallen können, und es wundert nicht, daß die Initiatorin der Aktion den Postlern einen Obulus zum Katalog aus dem Kreuz leiern will: Mail Art heißt die Gattung, der Sinn ist, zu einem Thema weltweit postversendbare Kunstobjekte anzufordern und in einer Ausstellung würdigen zu lassen.

Der Bund Bildender KünstlerInnen Bremens (BBK) hat im Juli letzen Jahres Briefe in alle Kunstwelt verschickt, in denen er anhielt, sich an einer Mail Art-Aktion zum Thema „Kunst braucht Raum“ zu beteiligen. Ziel des ganzen: In Bremen soll eine Diskussion über den Raumbedarf der Kunst im allgemeinen und die

mangelhaften Ausstellungskapazitäten des BBK im besonderen angestoßen werden.

Der Rücklauf war überwältigend und kann jetzt im Multiraum des Hauses am Deich besichtigt werden. Aus Neuseeland, der UdSSR, Ägypten, Mexiko und Argentinien kam Post, aus Frankreich und der DDR und dem Wessiland, und weltweit hatten Beamte Mühe, die Gebührenfrage korrekt zu beantworten und abstruse Objekte auf ihre Zollrelevanz hin zu überprüfen.

Denn eine frankierte Banane war zu befördern, ein Galeriebesen aus dem Süddeutschen, sensible Figuren aus Pappmaché, ein Stückchen Wachturm von der Mauer, behauenes Holz, bemetzter Stein, eine Tüte Mehl (“Mehl Art“), eine Art Globus, Kartoffelmehl „für eine Marmorkuchen-Statur“ und ein angebrannter Kuchen, zerfallen. Viel „Sperrgut“, und manche BBK- Mark floß in dicke Nachgebühren. Der Briefträger nahm die ungewohnte Beförderungsarbeit locker und als „tolle Abwechslung“.

Stark vertreten in „Kunst braucht Raum“ ist die Bremer Szene, etwa Angela Kolter mit einem Schlüssel, der, so munkelt man, die Ostertorwache aufschließen kann, die Wunschimmobilie des BBK. Top-Mailartisten wie der Texaner Johnson oder der Bulgare Deisler schickten ebenfalls Zeichen. Keine Post allerdings kam aus der Partnerstadt Bremens in China, Dalian: Die dort entsprechend angefaxte Kommunalverwaltung fühlte sich offenbar überfordert.

Die Ausstellung im „Multiraum“, einer Art Notgalerie des BBK mit etlichen anderen Funktionen, gewinnt ihren Reiz aus der Präsentation der zahllosen Objekte und Postkarten, letztere sind in einem original Briefverteilerspind vom Postamt 1 einsortiert. Eine Atmosphäre für Stöberer mit dem leicht muffigen Charme der Post, als diese sich noch nicht hinter der „Telekommunikation“ verkrümelte.

Bus

Am Deich 68/69, bis zum 31.10.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen