: Kinder als Sexualobjekte
■ Fachtagung „Sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Jungen in der Familie“
Daß sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Jungen alltäglich ist und alle gesellschaftlichen Schichten betrifft, wurde bislang verleugnet oder verdrängt. Zu Empörung oder Anklagen kam es, wenn überhaupt, höchstens bei Vergewaltigungsdelikten. Dies jedoch ist nur die Spitze des Eisberges. Allein in Bremen, so lauten die Schätzungen der Universität, werden etwa 25 Prozent der Mädchen und ca. 15 Prozent aller Jungen in der Familie mißbraucht. Über die Gründe, Präventions- und Handlungsmöglichkeiten diskutierten ca. 120 TeilnehmerInnen vom 1.bis 5.Oktober auf der Bremer Fachtagung „Sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Jungen in der Familie“.
„Wir leben in einer hochagressiven Gesellschaft und das fängt im privaten Bereich an und endet in der Golfregion“, sagte Sabine Kopp von Schattenriß, einer Anlaufstelle für mißbrauchte Mädchen. Das Zerfallen von sozialen Zusammenhängen und die Unfähigkeit vieler Erwachsenen, ihre eigene Vergangenheit zu verarbeiten, seien der Boden auf dem Gewalt gegen Kinder entstehe. „Sexueller Mißbrauch beginnt immer dort, wo Erwachsene ein Kind für die Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse benutzen“, definierte Karin Gutschmidt von der Arbeitsgruppe Fortbildung bei der Senatorin für Jugend und Soziales. Die Intention sei das Entscheidene. Ein Vater, der mit seiner Tochter zusammen bade um sich dabei zu befriedigen, verletze damit bereits die Grenzen des Kindes. Obwohl solche und ähnliche Fälle bisher kaum in der Öffentlichkeit thematisiert wurden, hätten sie für die so „Benutzten“ oft schwerwiegende Folgen. Psychosomatische Störungen, Magersucht bei Frauen und Angst vor Berührungen seien nur einige von möglichen Auswirkungen. „Um überhaupt helfen zu können, müssen wir aufmerksamer auf die Zeichen von Kindern reagieren“, meint Sabine Klein-Schonnefeld vom Fachbereich Rechtswissenschaft. Verkrampfte Körperhaltung, das Abwehren von Zärtlichkeiten oder das ständig wiederkehrende Zeichnen und Spielen von Geschlechtsverkehr können Anzeichen für frühkindliche Schockerlebnisse sein.
Doch der pädagogische Alltag sieht anders aus: „Sexueller Mißbrauch von Kindern ist auch heute noch kein Ausbildungsthema“, erklärt Klein- Schonnefeld. „Was wir dringend brauchen ist ein Baukastensystem für die Aus-und Fortbildung, damit sich alle, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, regelmäßig mit dem Problem auseinandersetzen.“ Weiter forderte die Tagung die Absicherung bestehender Beratungs- und Therapieangebote in Bremen, wie Schattenriß e.V., Kinderschutzzentrum und Mädchennotruf, die Qualifizierung für Pädagogen aber auch therapeutische Langzeitangebote für Täter. bz
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