: US-Truppenaufmarsch abgeschlossen
■ Stellungnahme des Irak vor der UNO-Vollversammlung/ Irak will alle Nahostprobleme in chronologischer Reihenfolge lösen: zuerst Palästina, zuletzt Kuwait/ Japan sagt umfassende Hilfe zu
Washington/Riad (ap) — Mit dem Aufmarsch von fast 200.000 Soldaten ist der amerikanische Militäraufmarsch in Saudi-Arabien nach Informationen aus Militärkreisen in Washington nahezu abgeschlossen. Bis zum Wochenende sollen alle schweren Waffen, die in die Region am Persischen Golf unterwegs sind, im Krisengebiet eintreffen. US-Marineinfanteristen haben mit umfangreichen Manövern in der saudischen Wüste begonnen.
Das Angriffspotential reiche nicht aus, um eine erfolgreiche Bodenoffensive gegen die irakischen Truppen in Kuwait zu starten, sagten Gewährsleute. Die 'Washington Post‘ berichtete jedoch von Plänen, mit Unterstützung arabischer Bodentruppen eine Luftoffensive zu führen. Im US-Senat liegt ein Resolutionsentwurf vor, demzufolge der Einsatz von US-Soldaten klar auf die Verteidigung Saudi-Arabiens und die Durchführung der UNO- Bschlüsse begrenzt werden soll. Bush müßte danach vor der Anordnung militärischer Aktionen eine ausdrückliche Genehmigung des Kongresses einholen.
Bei einem Besuch in Saudi-Arabien kündigte der japanische Ministerpräsident Toshiki Kaifu umfassende japanische Finanz- und medizinische Hilfe für die multinationale Truppe am Golf an. Für die nächste Woche hat er eine außerordentliche Parlamentssitzung einberufen, um über die Entsendung von 1.000 japanischen Soldaten in die Krisenregion zu debattieren.
Bei der UNO-Vollversammlung war es in der Nacht zum Samstag zu einer mit Spannung erwarteten Stellungnahme des Irak gekommen. In der Nacht zum Freitag hatte der irakische UNO-Botschafter die Verlesung der Rede zum dritten Mal abgesagt, diesmal wegen Nasenblutens. Nun verlas sein Stellvertreter die vom irakischen Außenminister Tarik Asis verfaßte Rede. Darin wurden die Vereinigten Staaten bezichtigt, sie wollten sich die Kontrolle über die arabischen Ölquellen sichern. Erneut schlug Asis vor, alle Probleme des Nahen Ostens gleichberechtigt zu lösen. Die Golfkrise, das Palästina-Problem und die Libanon-Frage sollten gemeinsam erörtert werden. Dem Sicherheitsrat warf Asis vor, auf der Besetzung Kuwaits durch Irak herumzureiten, während es Israel erlaubt werde, die in den Kriegen 1967 und 1973 eroberten arabischen Gebiete besetzt zu halten. Dabei werde ignoriert, daß Kuwait bis 1913 Teil Iraks gewesen sei. Der UNO-Botschafter der USA, Thomas Pickering, bezichtigte anschließend den Irak, die Vollversammlung zu mißbrauchen.
In einer Botschaft an die Staatschefs Jordaniens, Marokkos und Algeriens schlug Saddam Hussein die Lösung der Nahostprobleme in chronologischer Reihenfolge vor. Dies würde heißen, mit Palästina zu beginnen. Der syrische Außenminister Faruk al-Schara wies in einem Gespräch mit einer saudischen Zeitung die irakische Verknüpfung aller Nahostprobleme zurück. Saddam gebe Israel einen Vorwand, mit den Palästinensern genauso zu verfahren wie der Irak mit Kuwait.
Bagdad hat unterdessen den USA zugesagt, die Freilassung von 69 amerikanischen Staatsbürgern aus gesundheitlichen Gründen zu prüfen. Bei Gesprächen mit dem Gorbatschow-Berater Jewgeni Primakow sicherte Saddam Hussein überdies zu, daß alle sowjetischen Bürger den Irak verlassen können. In den nächsten Tagen werde eine größere Gruppe sowjetischer Bürger den Irak in Richtung UdSSR verlassen.
Der irakische Rundfunk kündigte für Dienstag mehrtägige irakisch- iranische Gespräche in Teheran an, während denen auch die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Staaten erörtert werden soll. Die Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und Jordanien verschlechterten sich dagegen am Wochenende weiter. Aus diplomatischen Kreisen in Riad verlautete am Samstag, Saudi-Arabien habe seinen Botschafter in Amman zurückgerufen. Dies käme einem Einfrieren der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden arabischen Königreichen gleich.
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