■ NOCH 3371 TAGE BIS ZUM JAHR 2000
: Die Kostbarkeiten der Konsumwelt

Einen rapiden Anstieg des abscheulichen Verbrechens Ladendiebstahl beklagt die Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großhandelsbetriebe des Einzelhandels (BAG). Die Zahl der registrierten Kaufhausklauereien in der Bundesrepublik ist nach ihren Angaben im Jahr 1989 im Vergleich zum Vorjahr um 6,2 Prozent auf 376.000 Fälle gestiegen.

Jeden Tag wird uns durch Zeitungen, Radio, Fernsehen, Handzettel, Plakatwände etc. das Hirn mit Reklame zugekleistert. Niemand kann sich dagegen wehren, daß ihm auf Schritt und Tritt die überflüssigen Dinge des Lebens aggressiv aufgedrängt werden, und die Damen und Herren der BAG wundern sich, daß die Menschen diese Dinge dann auch haben wollen. Die bevorzugten Waren der Ladendiebe sind Artikel des persönlichen Bedarfs.

Bei den festgestellten Fällen handelt es sich lediglich um die Spitze eines Eisberges. Die Dunkelziffer wird von Fachleuten auf etwa 95 Prozent geschätzt. Die Polizei steht diesem Problem ziemlich hilflos gegenüber. Deshalb haben Privatdetektive im Augenblick Hochkonjunktur. In Deutschland kann sich jeder Detektiv nennen, der gegen eine geringe Gebühr ein Schnüffel-Gewerbe anmeldet. Das soll jetzt anders werden. Die „Zentralstelle für die Ausbildung im Detektivgewerbe“ (ZAD) hat gerade die ersten Spürnasen mit Diplom hervorgebracht. Die nicht gesetzlich vorgeschriebenen Lehrgänge der ZAD sollen eine neue Ära in der verrufenen Branche einläuten. Wer die Ausbildung zum geprüften Detektiv beginnt, kann sich schon nach sechs Monaten als Wachhund für Warenhausregale bewerben. Wer weitermacht, muß 400 Einzelthemen beherrschen und dazu 50 Lehrbriefe erwerben. Auftraggeber der bundesweit rund 150.000 Detektive sind vor allem Firmen, die zum Beispiel internen Betrügereien oder „falschen Kranken“ auf die Schliche kommen wollen. Die meisten Detektive hüten aber als Kaufhausdetektive die Kostbarkeiten unserer Konsumwelt, berichtet der NRW-Landesvorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Detektive, Manfred Lotze. Das große Ziel der Schnüffler ist es, ein detektivisches Paradies zu errichten, wie es in den USA herrscht. Dort haben die Detektive Lizenzen und dürfen auch verhören und festnehmen, schwärmt der Ex- Bundesgrenzschutzbeamte Lotze. Angesichts steigender Kriminalität und überforderter Polizei ist er sich sicher, daß es auch hierzulande „zur Privatisierung der Gaunerjagd“ kommen wird. Karl Wegmann