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Diebstahl in NVA-Munitionslager

Handgranaten und Panzerfäuste lagen in einem jedermann zugänglichen Depot bei Berlin/ Skins versorgten sich mit Kriegsgerät/ Nach einem taz-Bericht wurde alles per Vorhängeschloß „gesichert“  ■ Von CC Malzahn

Berlin (taz) — Nach einem gestern in der Berliner Ausgabe der taz veröffentlichten Bericht über den Diebstahl von Übungsmunition aus einer leerstehenden Kaserne bei Berlin, sind die Lagerhallen des Militärareals noch gestern vormittag von der Polizei geräumt worden. In der Nacht zum 3. Oktober hatten Skinheads Übungsmunition vom Gelände des ehemaligen 38. Grenzregiments der NVA gestohlen. Die Skins waren nachts von Jugendlichen beobachtet worden. Als sie bemerkten, daß sie ertappt worden waren, hatten sie samt ihrer Beute die Flucht ergriffen.

Das Gelände war bis gestern völlig unzureichend gesichert worden. Nur am Haupteingang des großen Geländes wurden zwei Männer zur Wache abgestellt. In einer unverschlossenen und für jedermann zugänglichen Halle befanden sich bis gestern unter anderem Handgranaten, Panzerfäuste, Platzpatronen, Sprengstoffstangen sowie Maschinengewehrgürtel. Selbst nachdem die Jugendlichen die Polizei über den Diebstahl der Skinheads unterrichtet hatten, wurden die Sicherungsmaßnahmen nicht verschärft. Erst nach der taz-Veröffentlichung wurde gestern der Leiter des NVA-Auflösungs- und Rekultivierungskommandos, Major Jürgen Franz, aktiv und ordnete den Abtransport der Übungsmunition „an einen sicheren Ort“ an. Ziel des Abtransports war eine nebenan gelegene Garage, die nun — sage und schreibe — mit einem Vorhängeschloß „gesichert“ ist. Die völlig unzureichende Bewachung des Geländes begründete er damit, für ihn sei die Übungsmunition „bloß Schrott“ gewesen. Gegenüber der taz räumte Franz gestern jedoch ein, daß Laien die zur Übung bestimmten Waffen kaum von echten unterscheiden könnten. Außerdem habe er nicht damit gerechnet, daß man die gestohlenen Gegenstände auch „vermarkten“ könne.

Franz widersprach der taz, daß in der Halle auch Aktenmaterial gelagert worden sei. Das seien lediglich „leere Vordrucke“ gewesen. Diese Aussage ist nachweislich falsch. Die taz hatte vor Ort unter anderem Einsicht in Protokolle, Funkspruchmitschriften etc.

Auf dem Gelände befanden sich bis gestern auch mehrere unverschlossene Militärfahrzeuge wie Krane, Motorräder und Lastwagen mit Spezialaufbauten. Auch sie wurden gestern abtransportiert. Die Fahrzeuge sollen nun entweder verkauft oder verschrottet werden. Auch nach dem 3. Oktober sind vom Kasernengelände noch Waffen und Munition gestohlen worden. So verschwand zwischen dem 3. und dem 5. Oktober beispielsweise eine hüfthohe Granate, die die Jugendlichen in der Nacht zum 3. 10. noch fotografiert hatten. Als die taz sich am Wochenende vor Ort informierte, war sie bereits verschwunden.

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