: Angst grassiert bei den Tories
Sicherheitsexzess im Konferenzhotel/ Schreckensporträt des Labour-Konkurrenten als Steuervielfraß/ Tory-Vorstand als Parteigelder-Verschwender attackiert/ ■ Aus London Ralf Sotscheck
Die britischen Konservativen haben Angst. Ihr diesjähriger Parteitag in Bournemouth, der am Dienstag begann, findet unter Sicherheitsvorkehrungen statt, die selbst für Tory- Konferenzen ungewöhnlich sind. So sind das Konferenz-Zentrum und das Hotel, in dem die Delegierten untergebracht sind, von einem 2,20 Meter hohen Stahlzaun umgeben. 1.500 Polizisten bewachen das Gelände, und auf den Dächern sind Beamte mit Maschinenpistolen stationiert. Sämtliche Schlaglöcher in den Straßen — mögliche Bombenverstecke — sind seit Wochen mit Beton gefüllt. Aus dem Swimming Pool der Tagungsstätte wurde das Wasser heraus gelassen, wohl damit Terroristen keinen Unterwasserangriff starten können. Die ganze Operation kostet sechs Millionen Mark. Margaret Hogarth, Stadträtin in Bournemouth, fragte: „Warum halten sie ihren Parteitag nicht in einem Feldlager der Armee ab?“
Noch mehr Angst als vor einem Anschlag haben die Torys davor, daß sie die nächsten Wahlen verlieren könnten. Das wurde in der Rede des Parteivorsitzenden Kenneth Baker deutlich, der seinen Beitrag ganz der Opposition widmete und den Rechtsruck der Labour Party als „kosmetisch“ bezeichnete. „Hinter der Maske lauert noch immer das alte Gesicht der Labour Party“, sagte Baker. „Sie haben ihre roten Fahnen gegen rote Nasen eingetauscht. Das ist alles.“ Baker kritisierte vor allem die Wirtschaftspolitik der Opposition und behauptete, Labour wolle zwei Milliarden Pfund durch Steuererhöhungen für ein Programm auftreiben, das tatsächlich jedoch 3,5 Milliarden kosten werde. „Labours Finger werden tief in die Tasche eines jeden Steuerzahlers greifen“, warnte der Vorsitzende. Gleichzeitig fiel ihm jedoch John Strafford, Buchhalter und Bezirkskassenwart der Torys, bei einer Ausschußsitzung in den Rücken. Strafford legte Zahlen vor, aus denen hervorgeht, daß die Konservative Partei sieben Millionen Pfund Schulden hat. Er forderte eine radikale Parteireform und beantragte, Baker und seinen Stellvertreter in Zukunft den Parteimitgliedern gegenüber rechenschaftspflichtig zu machen.
In seiner Rede vor dem Tory- Nachwuchs griff der ehemalige Minister und verkannte Deutschland- Experte, Nicholas Ridley, die britische Regierung wegen des Beitritts zum Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems scharf an. Er sagte, der Beitritt würde das falsche Signal an die EG- Mitgliedsländer aussenden, daß Großbritannien „in die Wirtschafts- und Währungsunion hineingezogen“ werden könne. Er fügte hinzu: „Das britische Pfund und die Deutsche Mark werden niemals eine stabile Beziehung miteinander eingehen.“
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