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„Unkontrollierter Zuwanderung rational begegnen“

■ Reinhard Klimmt, Wahlkampfleiter des SPD-Kanzlerkandidaten Lafontaines, zu Späths Asylrechtsvorstoß und SPD-Ausländerpolitik INTERVIEW

taz: Herr Klimmt, wird die SPD dem vom baden-wüttembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth vorgelegten Gesetzentwurf zur Einschränkung des Asylrechts im Bundesrat zu einer Zweidrittelmehrheit verhelfen?

Reinhard Klimmt: Dieser Vorschlag ist nichts anderes als ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver, mit dem Späth und Streibel vor den anstehenden Landtagswahlen das Problem der Zuwanderung auf die schwächste Gruppe reduzieren wollen. Dabei werden wir auf keinen Fall mitmachen.

Späth hat aber erklärt, er wolle dem SPD-Kanzlerkandidaten, der diese Vorschläge in die Diskussion geworfen habe, eine Brücke bauen.

Es ist eine der Eigenschaften Späths, bauernschlau Dinge aus dem Zusammenhang zu reißen und für sich nutzbar machen zu wollen. Für die SPD ist klar, daß wir der unkontrollierten Zuwanderung rational und vernünftig begegnen müssen. Dabei muß man sich auch über das Aussiedlerproblem unterhalten und die veralteten gesetzlichen Grundlagen zur Behandlung dieses Problems verändern. Selbstverständlich sind wir auch bereit, über eine Verhinderung des Mißbrauchs des Asylrechts zu reden.

Aber Späth greift doch nichts anderes als die von Lafontaine gemachten Vorschläge auf ...

Das waren Themen, von denen man sagte, man muß über sie reden, ob sie praktikabel sind.

Nun wollen die SPD-regierten Länder die Asylrechtsdebatte durch das Verweisen in die Ausschüsse erst einmal vertagen und das brisante Thema damit wieder aus dem Wahlkampf nehmen?

Es ist der Versuch, eine nicht von wahltaktischen Gesichtspunkten bestimmte, sachliche Diskussion zu ermöglichen.

Hat nun Lafontaine bei dem von ihm zum Wahlkampfthema gemachten Asylrecht kalte Füße bekommen?

Nein. Lafontaine ging es immer darum, das Zuwanderungsproblem nicht auszublenden, sondern politisch rational zu diskutieren, weil sonst die Gefahr besteht, daß eine irrationale Welle Lösungen zustande bringt, die man gerade von sozialdemokratischer Seite nicht wollen kann.

Fühlt sich der Kanzlerkandidat in der ihm von Späth zugeschobenen Kronzeugenrolle noch wohl?

Wir können das Problem nicht einfach ignorieren, weil Späth und andere es überspitzen und uns das Wort im Munde verdrehen.

Nun soll die vorbehaltlose Asylgarantie durch eine Liste der Staaten eingeschränkt werden, in denen nach allgemeiner Überzeugung keine politische Verfolgung stattfindet. Halten Sie das für praktikabel?

Das ist nur eine Variante. Uns geht es darum, praktikable Vorschläge zu bekommen, wie sich der Mißbrauch des Asylrechts verhindern läßt, ohne daß das Grundrecht auf Asyl eingeschränkt wird. Dabei muß man über Verfahrensmöglichkeiten und Präzisierungen rechtlicher Formulierungen reden. Es ist nie gesagt worden, daß eine Grundgesetzänderung unbedingt angestrebt werden sollte.

Späth möchte in seiner Bundesratsinitiative angeblich verfolgungsfreie Länder an Hand von Anerkennungsquoten festlegen.

Ich halte den Vorschlag nicht für praktikabel. Es sind dabei Länder wie Sri Lanka und Vietnam genannt worden. Schon diese Beispiele zeigen die ungeheure Problematik einer solchen Regelung. Jeder weiß, daß dort immer noch in einem hohen Maße eine Gefährdung von Leib und Leben vorhanden ist.

Die SPD-regierten Länder streben nun eine Paketlösung mit der Aussiederfrage über Änderung des Grundgesetzartikels 116 an. Wie soll das aussehen?

Dieser Artikel ist Grundlage für eine überholte „Volkstumspolitik“ und kann daher ganz entfallen. Interview: Erwin Single

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