: Einmal Psychoanalyse bitte
■ Betr: „Kultura Femina“, taz vom9.10.90
Es ist sehr bedauerlich, daß sich Barbara Debus nur Stichworte zur Matinee am Sonntag gemacht hat, anstatt den Versuch zu unternehmen, Inhalte nachzuvollziehen. Ihre Berichterstattung fiel daher nicht nur selektiv verzerrt , sondern falsch aus.
Zunächst möchte ich einige leichter nachzuprüfende Falschaussagen benennen. Es nahmen nicht rund achtzig Frauen an der Verantstaltung teil, sondern 117. Die Zahl der Männer hat die Journalistin mit sechs korrekt angeben. Es handelte sich nicht um eine „freundliche Debatte“ a la Frühschoppen, sondern um in viermonatiger Arbeit erstellte Thesen, die konzentriert und engagiert mit den anwesenden Frauen diskutiert wurden. Sowohl der Inhalt als auch die Überschrift des Berichtes zeigen, das die Verfasserin das Wesentliche der Ver antstaltung nicht erfaßt hat. Mit der Überschrift zeigt sie uns zwar ihre Lateinkenntnisse, aber es ging eben nicht nur um Frauenkultur. Im Anschluß an die Selbstdarstellung der Projekte referierte z.B. Maren Bock vom „Belladona“ in brillanter Weise über den Unterschied zwischen Frauenkultur und feministischer Kultur. Diese Begrifflichkeiten wurden anscchließend zwei Stunden diskutiert. Dann setzte kein „Klagelied“ über die Finanzsituation ein, sondern realistische Fakten, erschreckende Daten wurden benannt, nämlich daß qualifizierte , bis zu ihre Grenze arbeitende Frauen in Armut leben müssen.
Da die Verfasserin dieser Polemik als Journalistin über eine gewisse Macht verfügt, frage ich mich, wie sie zu ihrer antifeministischen Haltung kommt. Ist es einfach Unkenntnis über die feministische Diskussion oder liegen psychologische Ursachen zugrunde, Abwehrmechanismen, die eine Auseinandersetzung mit feministischen Inhalten verhindern. Oder versucht die Autorin die Anerkennung der Männer zu eringen, indem sie als Frau gegen hoch qualifizierte Frauenveranstaltungen polemisiert.
Wenn die Taz auch Femistinnen ansprechen will, würde ich Euch raten, nicht mehr über Frauenverantstaltungen zu berichten, bis ihr kompotente feministi sche Journalistinnen gefunden hat.
Mit freundlichen Gruß Iris Gruslewski
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