Aumann: Laden voll

■ Latteck massiert Köln über die Seele den Bissen aus dem Hals (oder so ähnlich)

Udo Lattek (55) war für die Spieler des 1. FC Köln der große Zampano. „Ihr Urteil ist einstimmig: Ich soll immer mit ins Trainingslager kommen.“ So schilderte der vor vier Wochen in der Not verpflichtete Sportdirektor die Stimmung in der Kabine. Nach dem 4:0 über FC Bayern München war für die Kölner Spieler der Grund für den Triumph schnell gefunden. Die intensive Seelenmassage des Erfolgstrainers Lattek, der die aus Rücksicht auf Trainer Erich Rutemöller gewählte Distanz zur Mannschaft aufgegeben hatte und erstmals mit ins Trainingsquartier gefahren war, machte sie erst richtig „heiß“ auf die Bayern.

Der Meister wurde nach der psychologischen Aufbauarbeit durch den „alten Fuchs“, der die Gesetzmäßigkeiten und Regeln der Branche wie kaum ein Zweiter kennt, regelrecht demontiert. „Udo Lattek hat großen Anteil am Erfolg“, meinte Bodo Illgner, der als Sieger des Torwartduells gegen Raimond Aumann zum zweiten großen Triumphator des Tages wurde.

Fluchtartig verließen die Münchener nach der höchsten Niederlage seit elf Monaten das Müngersdorfer Stadion. Nur Präsident Fritz Scherer schimpfte: „Die haben gespielt wie in einem Mädchenpensionat. Am Sonntag bei der Aussprache können sie sich nicht verstecken.“ Überschäumende Freude auf der einen, betretenes Schweigen und lange Gesichter auf der anderen Seite. Nur bei der Kritik an Schiedsrichter Umbach trafen sich Sieger und Verlierer. Der Unparteiische stellte einen fragwürdigen Saisonrekord mit drei Roten Karten für die Münchener Mihajlovic (Ellbogen-Check gegen Janßen) und Bender sowie den Kölner Gielchen auf.

„Der Platzverweis für Mihajlovic war unnötig wie ein Kropf. Wir haben ihn oft gewarnt, aber er ist ein Hitzkopf. Aber die beiden anderen Roten Karten sind völlig ungerechtfertigt.“ Mit diesen Worten rügte Scherer den Schiedsrichter, der keinen der vom Feld gestellten Akteure zuvor verwarnt hatte.

„Sie haben uns den Schneid abgekauft.“ Immer wieder tauchte diese Floskel in Äußerungen der Bayern auf. Trainer Jupp Heynckes: „Köln war phantastisch, sehr laufstark und aggressiv. Da war alles, was zu gutem Fußball dazugehört.“ Er selbst wird in seiner Mannschaft schonungslos Kritik betreiben müssen. „Das 0:4 sind nur zwei verlorene Punkte. Schlimmer treffen uns die beiden Platzverweise.“ Kapitän Klaus Augenthaler sieht noch unangenehme Spätfolgen auf die Bayern zukommen.

Die richtige Spannung wurde bei den Kölner Spielern erst aufgebaut, als sie von der Kampagne des Bayern-Managers Uli Hoeneß gegen Torwart Bodo Illgner lasen. „Uns ist beim Frühstück der Bissen im Hals stecken geblieben. Das hat uns den letzten Schuß Motivation gegeben“, meinte Rutemöller. Der von Hoeneß als „weltbester“ Torwart gelobte Aumann wirkte drei Tage nach dem Schweden-Länderspiel durchschnittlich, Illgner glänzte. Latteks Erklärung: „Immer, wenn der Bodo angezweifelt wird, kriegt Aumann den Laden voll. Das spricht für sich.“ dpa