: Schönhuber im bayerischen Landtag
■ Sieger der bayerischen Landtagswahlen sind die Christsozialen/ Auch ohne Strauß deutlich über 50 Prozent/ SPD weiter im Keller/ Zitterpartie bei den Freidemokraten/ Verluste auch bei den Grünen
Berlin (taz) — Der große Gewinner der bayerischen Landtagswahlen ist die CSU. Zwei Jahre nach dem Tod von Franz Josef Strauß konnte die Partei des Ministerpräsidenten Max Streibl mit 54,9 Prozent nach ersten Hochrechnungen die absolute Mehrheit überraschend klar behaupten. Politik in Bayern werde auch weiterhin mit der Kurzformel „55 plus x“ Prozent gemacht — das sagte im Anschluß ein strahlender Theo Waigel.
Übereinstimmend gingen die Hochrechnungen von ARD und ZDF gestern abend auch davon aus, daß die „Republikaner“ mit Franz Schönhuber an der Spitze erstmals in den Münchner Landtag einziehen werden. Festlegen wollten sich die Wahlforscher aber nicht: Weil im Gegensatz zu den fünf neuen Bundesländern in Bayern die Erst- und die Zweitstimmen zugrunde gelegt werden, könnten sie eine Korrektur der Hochrechnung von 5,4 Prozent im Verlauf der weiteren Auszählung nicht ausschließen.
Eine Zitterpartei ohnegleichen erlebte die FDP. Bei Redaktionsschluß war eine Aussage darüber, ob die Liberalen die Fünf-Prozent-Hürde und damit nach acht Jahren wieder Einzug in den Landtag schafften, nicht möglich. Hochrechnungen der ARD nannten 4,9 Prozent, die des ZDF 5,1 Prozent für die Liberalen.
In doppelter Hinsicht haben die Sozialdemokraten ihr Wahlziel verfehlt. Mit 25,5 Prozent konnten sie weder die absolute Mehrheit der CSU verhindern noch aus ihrem bayerischen 30-Prozent-Ghetto ausbrechen. Überraschend schlecht schnitten auch die Grünen ab - mit 6,4 Prozentpunkten verloren sie im Vergleich zur letzten Landtagswahl 1986 etwa 1,4 Prozent.
Der bayerische SPD-Spitzenkandidat Karl-Heinz Hiersemann gestand seine Wahlniederlage ein und war enttäuscht: Dieses Ergebnis habe er „nicht erwartet“. Die „deutschlandpolitische Entwicklung und die deutsche Einheit“ hätten den Wahlkamf „sehr stark überlagert“. Landespolitische Aspekte seien daher schwer vermittelbar gewesen.
Wahlsieger Streibl kommentierte den Sieg seiner Partei, die seit 1966 dem bayerischen Landtag mit ihrer absoluten Mehrheit den Stempel aufdrückt, mit dem schlichten Wort „überwältigend“. Der Ausgang der Wahl habe gezeigt, daß „unsere Leute in Bayern in historischen Dimensionen denken“.
REP-Chef Schönhuber wurde von seinen Anhängern bei einer Wahlparty begeistert gefeiert. Schönhuber: „Man wird mit uns leben müssen. Ich habe das Gefühl, daß bei dem Ergebnis der Schönhuber-Bonus eine Rolle gespielt hat.“
Nach den letzten ARD-Hochrechnungen sieht die Sitzverteilung im bayerischen Landtag wie folgt aus: CSU 122 Mandate (- 6), SPD 56 (-5), Grüne 14 (-1), Republikaner 12.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen