: Nun auch noch Japaner an den Golf?
■ Japans Regierung verabschiedet Gesetzentwurf, der Entsendung von Soldaten als „Friedenscorps“ an den Golf ermöglicht/ Kritik der linksgerichteten Opposition an Neu-Interpretation der Verfassung
Tokio (ap/afp/dpa) — Die Regierung in Tokio hat am Dienstag einen Gesetzentwurf verabschiedet, nach dem erstmals japanische Soldaten an Friedensaktionen der UNO teilnehmen dürfen. Die außerordentlich umstrittene Initiative soll die Entsendung eines japanischen Kontingents in die Golf-Region ermöglichen. Der Gesetzentwurf muß noch vom Parlament, das seit Freitag in einer Sondersitzung tagt, gebilligt werden.
Vorgesehen ist die Schaffung einer Friedenstruppe, die aus Zivilisten und Militärs zusammengesetzt ist. Obwohl die Truppe mit leichten Waffen ausgerüstet werden darf, soll sie nur bei nicht-militärischen Aufgaben der Vereinten Nationen eingesetzt werden. Die Waffen sollten nur zum Schutz des eigenen und des Lebens anderer dienen.
Der Gesetzentwurf beruht auf einer Neuinterpretation der Verfassung, die den Japanern 1947 von den USA aufgenötigt wurde und nach deren Wortlaut Japan für alle Zeiten auf das Recht zur Kriegsführung und auf die Aufstellung von Land-, Luft- und Seestreitkräften verzichtet hat. Die Drohung oder Anwendung von Gewalt, um internationale Konflikte zu lösen, ist nach der Verfassung ausgeschlossen. Zur Begründung der geplanten Entsendung von Soldaten sagte die Regierung, daß auch gemeinsame Friedenssicherungsmaßnahmen in Übersee zum Recht auf Selbstverteidigung gehörten.
Die linksgerichtete Opposition lehnt die Regierungsinitiative ab. Die Vorsitzende der Sozialistischen Partei, Takako Doi, verlangte in einem vorab verbreiteten Text ihrer Parlamentsrede, die Regierung solle den Entwurf zurückziehen. Sie hält das „Friedenskorps“ für nichts anderes „als die Verwendung der Wehrmacht für überseeische Operationen, die von der Verfassung klar untersagt ist.“ „Was“, so fragte sie, „werden wir denn tun, wenn das Friedenskorps angegriffen wird? Werden wir dann im Namen der Notwehr zurückschlagen?“ Die Gegner des Gesetzes demonstrierten am Dienstag in mehreren japanischen Städten und beschuldigten die Regierung der Täuschung: Die multinationalen Streitkräfte, die gegenwärtig in der Golfregion unter amerikanischer Führung zusammengezogen würden, hätten alles andere als Friedenssicherung zum Ziel.
Wie die einflußreiche japanische Zeitung 'Asahi Shimbun‘ am Dienstag auf ihrer Titelseite berichtete, hat US-Präsident George Bush die japanische Regierung aufgefordert, militärisches Personal und Schiffe in die Golfregion zu entsenden, um die dort stationierten amerikanischen Truppen zu unterstützen.
Ein Wiederaufflammen des japanischen Militarismus befürchten Japans Nachbarn. Japans Ministerpräsident Kaifu hatte sich deshalb in den vergangenen Wochen bemüht, die asiatischen Nachbarländer zu beruhigen.
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