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Aids: Immer mehr Pflegefälle

■ Bremer Aids-Hilfe feierte 5jähriges / Betreuungskapazität erschöpft

Sie hat klein und hat in einem Zimmer des Gesundheitsladens angefangen und ist inzwischen beachtlich groß und unersetzlich geworden: Die Bremer Aids-Hilfe feierte gestern 5jähriges Bestehen. Längst ist der Anfangsschwerpunkt — Aids-Beratung von Schwulen — abgelöst durch praktische Hilfe bei der Betreuung von HIV-Infizierten, Aids- Kranken und Substituierten; oftmals war es eine aufreibende Pflege bis zum Tode. 34 FreundInnen und KlientInnen sind in Bremen bisher an Aids verstorben. Und mit noch viel mehr Todesfällen durch Aids ist zu rechnen.

„Seitdem wir ins Ostertor gezogen sind und uns um FixerInnen und Substituierte kümmern, merken wir, daß wir uns politisch einmischen müssen. Wir fordern vor allem Wohnraum, denn nicht einmal die Grundvoraussetzungen für Betreuung sind erfüllt“, erklärte Aids-Hilfe-Mitarbeiterin Dagmar Hadwiger. Dringend nötig für die Aids-Vorbeugung seien auch sterile Spritzen im Knast.

Die Betreuungs-Kapazitäten der Aids-Hilfe sind derzeit durch die vielen Pflege-Fälle völlig erschöpft; unklar ist, ob und wie vier Modellversuchs-Stellen nach 1992 gesichert werden können. „Sie sollten mich auf Ihrer Seite wissen“, versprach Gesundheitssenatorin Vera Rüdiger ernst, „sie wissen, daß ich den gesundheitspolitischen Nihilismus in der Drogenszene nicht teile. Süchtige sind Kranke und haben jedes Recht auf Hilfe.“ Da trat Edeltraut F., eine junge drogenabhängige Frau, in die Festrunde und sagte: „Frau Senatorin, Sie haben sich dafür eingesetzt, daß wir Pola (Methadon, d. Red.) kriegen. Dafür will ich mich bedanken. Mir geht es jetzt gut,besser als in 14 Jahren vorher.“

Trotz liberaler Aids-Politik in Bremen berichtete Mitarbeiterin Birte Hartmann: „Die Diskriminierung wegen Aids ist immer noch sehr drastisch. Ganze Familien, Angehörige werden von Nachbarn gemieden, als ob sie ansteckend wären.“ S.P.

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