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Nicht wie Bücher einer Bibliothek

■ betr.: "Gen-Forschung wird bejaht", taz vom 13.10.90

betr.: „Gen-Forschung wird bejaht“, taz vom 13.10.90

Beim Thema Gen-Forschung wird meiner Meinung nach noch immer zu sehr auf einer ethisch-moralischen Ebene argumentiert. Dabei gibt es rein rationale Gründe, warum insbesondere Experimente mit künstlich verändertem Genom unabsehbare Gefahren in sich bergen.

Das Genom eines Lebewesens ist nämlich nicht wie Bücher einer Bibliothek nebeneinander im Zellkern abgelegt, sondern es beinhaltet in sich eine komplizierte bisher auch nur im Ansatz nicht verstandene Ordnung. Die Wissenschaft kann zwar in die Einzelbestandteile zerlegen, aber das Zusammenfunktionieren nicht erklären. Könnte sie dies, dann wäre damit das Phänomen Leben erklärt, und auf der Ebene der Organismen dann letztendlich auch das Phänomen Bewußtsein oder Seele.

Solange der Zusammenhang zwischen Code und Produkt nicht verstanden ist, solange ist die Produktion genetischer Mutationen ein lebensgefährliches Spiel, seien es Viren und Bakterien, seien es höhere Lebenwesen. Die Ordnung im Bereich der Natur verfügt über eine gewisse Flexibilität. Schäden können auf allen Ebenen bis zu einem begrenzten Maß repariert werden. Zu große Störungen führen zu Katastrophen. [...]

Zu viele zu schnell wechselnde Kontakte zwischen Lebewesen führen zur beschleunigten Herausbildung neuer pathogener Viren. Die heute gefährlichsten Viren, HIV, slow viruses und andere erlangen ihre Pathogenität dadurch, daß sie sich Teile aus menschlichen Genom einverleibt haben, das es dem menschlichen Immunsystem unmöglich macht, sie als fremd zu erkennen und zu bekämpfen. Künstlich erzeugte Viren oder Bakterien könnten eine bisher gar nicht vorstellbare Störung der Ordnung auf zellulärer und höherorganisierter Ebene hervorrufen. [...] Thomas Garçon, Arzt und Diplom-Ernährungswissenschaftler, Mannheim

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