De Klerks Coup Natal

Mit der Aufhebung des Ausnahmerechts in der Krisenprovinz Natal kommt der südafrikanische Präsident de Klerk dem ANC entgegen/ Bischof Tutu ruft schwarze Opposition zum Krisengipfel auf  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

Der Ausnahmezustand in der südfarikanischen Provinz Natal ist am Donnerstag aufgehoben worden, wie Präsident Frederik de Klerk verkündete. Damit erfüllte de Klerk nicht nur eine der wichtigsten Forderungen des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), sondern auch westlicher Regierungen. Denn die USA und die Europäische Gemeinschaft haben die Aufhebung von Sanktionen, die der südafrikanischen Wirtschaft schadeten, sehr stark von der Beendigung des Ausnahmerechts abhängig gemacht. Jenseits allen Optimismus warnte de Klerk jedoch gestern zugleich, die Sicherheitskräfte könnten jederzeit zusätzliche Vollmachten erhalten, sollte die Gewalt wieder eskalieren.

Der Zulu-Führer und Inkatha- Chef Buthelezi, dessen Partei in Natal eine Hochburg hat, begrüßte den Schritt als „Normalisierung der Politik“. Er hoffe, daß die Aufhebung des Ausnahmerechts Friedensgesprächen zwischen ANC und Inkatha „sehr viel größeren Spielraum“ geben würden. Eine dritte Diskussionsrunde zwischen hochrangigen Delegationen beider fand diese Woche statt. Kämpfe zwischen Anhängern haben Tausende von Menschenleben gefordert.

De Klerks Schritt gibt dem Verhandlungsprozeß einen neuen Impuls, nachdem Differenzen zwischen Regierung und ANC letzte Woche zu scharfen öffentlichen Wortgefechten geführt hatten. Beobachter erwarten zudem, daß nächste Woche bei einer Sondersitzung des Europarates die Aufhebung der Sanktionen diskutiert werden könnte. Die EG-Ministerrunde wird sich am kommenden Montag in Luxemburg treffen, ein EG-Gipfel ist für den darauffolgenden Samstag geplant.

Tutu ruft zum runden Tisch

Desmond Tutu, Südafrikas anglikanischer Erzbischof, hat unterdessen alle schwarzen politischen Führer des Landes zu einer Krisenkonferenz eingeladen, um eine gemeinsame Strategie für Verhandlungen mit der Regierung zu beschließen und einen Verhaltenskodex im Umgang mit Gewalt zwischen rivalisierenden schwarzen Gruppen zu formulieren. Tutu sprach bei der Eröffnung der Synode der anglikanischen Kirche am Mittwoch in Kapstadt. Die Bedeutung eines solchen Gipfeltreffens würde so groß sein, sagte Tutu, daß „unsere Bevölkerung Führer, die eine Beteiligung verweigern, als Feinde von Einheit, Frieden und Befreiung verurteilen würde“. Der angesprochene Buthelezi reagierte zurückhaltend auf Tutus Einladung. Eine Entscheidung über seine Beteiligung werde er erst nach Rücksprache mit dem Inkatha-Zentralkomitee fällen.