In Potsdam wird weiter gepokert

■ Bündnis 90 weist Vorwürfe der FDP zurück/ Distel verzichtet auf Ministeramt für große Koalition

Berlin (taz) — Die Regierungsbildung in Brandenburg ist weiter offen. Nach Abschluß der ersten Sondierungsgespräche zwischen dem Wahlsieger SPD und den möglichen Koalitionspartnern Bündnis 90, FDP bzw. CDU deuteten sich in erster Linie Schwierigkeiten zwischen den Liberalen und den Bürgerbewegungen an, die im Falle einer Ampelkoalition miteinander kooperieren müßten. Die CDU ihrerseits versuchte ihre Attraktivität als Regierungspartner in einer großen Koalition mit dem erklärten Verzicht ihres Spitzenkandidaten Peter-Michael Diestel auf ein Ministeramt zu steigern. Die SPD sonnte sich nach außen in der Rolle als regierungsbildende Kraft und zeigte sich offen für beide denkbare Koalitionen. Allerdings favorisieren sowohl der stellvertretende Vorsitzende der Bundes- SPD Wolfgang Thierse wie der designierte Ministerpräsident Manfred Stolpe offensichtlich das Bündnis mit den beiden kleineren Partnern.

Zu Irritationen zwischen den potentiellen Ampelpartnern FDP und Bündnis 90 war es bereits am Mittwoch nach Äußerungen führender FDP-Politiker gekommen, die den Bürgerbewegungen ein gebrochenes Verhältnis zur parlamentarischen Demokratie und zur Marktwirtschaft vorgeworfen hatten. Diese Vorbehalte wurden von seiten der FDP als Gegenargumente für die Ampelkoalition gewertet. Das Bündnis, das schon am Wahlabend seine prinzipielle Bereitschaft zu dieser, bislang noch nie realisierten Regierungskoalition erklärte, wies die Vorbehalte der FDP zurück. Fraktionssprecherin Birthler erklärte, das Bündnis setze auf den parlamentarischen Entscheidungsprozeß, lege allerdings nach wie vor Wert auf Transparenz und die Beteiligung der BürgerInnen. Birthler stellte zugleich klar, daß das Bündnis nicht mit einem fertig geschnürten Personalpaket in zukünftige Verhandlungen gehe. Meldungen, die Bürgerbewegungen forderten drei Ressorts sowie drei Staatssekretäre, seien abwegig.

Die reservierte Haltung der FDP sowie der Verzicht Diestels auf ein Ministeramt haben allerdings die Chancen einer großen Koalition erhöht. In realistischer Selbsteinschätzung hatte Diestel am Mittwoch erklärt, seine Person solle den Erfolg der Koalitionsgespräche mit der SPD nicht beeinträchtigen. Er habe schließlich bereits in der letzten DDR-Regierung Erfahrungen als Minister gesammelt und könne sich seine Arbeit als Fraktionschef gut vorstellen. Mit dieser Geste könnte es der CDU gelingen, die massiven Vorbehalte innerhalb der Brandenburger SPD-Basis gegen eine große Koalition abzuschwächen. Gerätselt wurde aber auch über den Einfluß der nordrhein-westfälischen SPD bei der Regierungsbildung. Bei den Beratern aus dem westdeutschen Partnerverband scheint die große Koalition favorisiert zu werden. Eis